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I. Kapitel
Vom 13. bis zum 16. Jahrhundert.
A. Der Ursprung unseres Geschlechts .
In dem Winkel, den der Zusammenfluß von Stepenitz und Radegast südlich des
Kirchdorfes Börzow, bei Grevesmühlen in der nordwestlichsten Ecke Mecklenburgs
gelegen, bildet, finden sich die ersten sichtbaren Spuren unseres Geschlechts. Seine
ersten Namensträger sind nach der Überlieferung im 12. Jahrhundert als Kolonisten
mit dem Sachsenherzog Heinrich dem Löwen nach Mecklenburg gekommen und
wurden im Umkreis von Grevesmühlen mit mehreren Hufen belehnt. In einer Wiese
bei dem Dorf Teschow, auf halbem Wege zu dem kaum 4 km von Börzow entfernten
Bernstorf, liegt ein mit alten Eichen bestandener Schutthügel, der - früher vermutlich
von der Stepenitz umflossen – nachweislich einen der ältesten Wohnsitze der Familie
bezeichnet. Folgt man von Teschow, dessen Umgebung leichteren Boden aufweist,
dem Lauf der Radegast aufwärts, so gelangt man bei dem benachbarten Wilken-
hagen in eine Niederung, die mit ihrem flachen Wiesengelände, ihren schweren
Lehm- und Tonböden und den mächtigen, Jahrhunderte alten Eichen den Charakter
fast niederländischer Weite und Schwere trägt. Südlich von Wilkenhagen liegt
Bernstorf, ebenfalls an ein feuchtes Wiesengebiet angelehnt, das dem Wohnsitz von
mehreren Seiten Schutz bot. Überreste der zu diesem Zweck angelegten Gräben sind
noch heute erkennbar.
Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird Bernstorf, als am 26.12.1237 Bischof Ludolf
von Ratzeburg das neugegründete Kloster Rehna bestätigte und ihm u. a. auch aus
"Bernardestorp" den halben Zehnten zuwies 1. Der Ort muß erst kurz vorher gegründet
worden sein. Denn im Ratzeburger Zehntregister von 1230 wird Bernstorf ebenso wie
zahlreiche benachbarte Dörfer mit deutschen Namen noch nicht genannt, während
Dörfer mit wendischen Namen wie Teschow schon erwähnt werden. Es ist deshalb
anzunehmen, daß mit diesen anderen deutschen Dörfern auch Bernstorf zwischen
1230 und 1237 2 entstanden ist , und zwar wahrscheinlich durch Rodung aus einem
großen Waldgebiet, das die Grenze zwischen den Wendenstämmen der Polaben und
Obotriten bildete und dessen Reste noch vorhanden sind.
Nun nennt allerdings die Urkunde von 1237 nur den Ort, nicht aber den
Familiennamen. Es hat damals aber bereits einen Ritterhof dort gegeben. Denn die
Zuweisung des halben Zehnten geschah "excepto iure quod ‚besethinge‘ dicitur“. Das
bedeutet, daß der halbe Zehnte nur von Bauernhufen, nicht jedoch von den
vorhandenen Ritterhufen zu erheben war. Der ritterliche Siedlungsunternehmer, der
locator, dem vom Fürsten ein Stück Land zur Besiedelung mit deutschen Bauern
überwiesen wurde, hatte das Recht, einen Teil des Landes zur eigenen Nutzung
zurückzubehalten.
Diese zehnt- und zinsfreien Ritterhufen wurden
1 Meckl. Urk. Buch Bd. I Nr. 471
2 vgl. Maybaum, "Entstehung der Gutsherrschaften im nordwestlichen Mecklenburg".
3 Maybaum a.a.0.