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Auch der Wald lag Andreas Gottlieb am Herzen, und er wachte genau darüber, daß er
weder durch Gutsbeamte noch durch Bauern verhauen wurde. Er bemühte sich
besonders, den Bestand an Eichen in den Gartower Forsten zu vergrößern. Ebenso
galt sein Interesse auch dem Wildbestand und seiner Pflege.
Im Verhältnis zu seinen Bauern nahm Andreas Gottlieb eine ausgesprochen
patriarchalische Haltung ein. Er fühlte sich für sie, wie überhaupt für seine
Dienerschaft, verantwortlich und hielt streng auf Ordnung. Andererseits half er gerne,
wenn Not am Mann war. Wenn die Bauern durch Mißernten, Hochwasser oder
Seuchen in Not geraten waren, freute er sich, daß er die Mittel hatte, ihnen zu helfen,
"teilte mit freigebiger Hand Korn zur Aussaat und Brot aus und füllte die leeren Ställe
wieder mit Vieh." Bei Aufsässigkeit der Bauern aber "loderte Andreas Gottliebs Zorn
hoch auf, und er brauchte harte Worte". Andererseits verurteilte er alle Bedrückung der
Bauern; "Gewalttätigkeit oder auch nur Ungerechtigkeit und Übergriffe von seiten der
Gutsbesitzer verurteilte er streng, und wenn er aus wirtschaftlichen Gründen gegen
das Verpachten der Güter war, so war er es noch mehr bei dem Gedanken, daß die
Bauern dadurch der Willkür eines Pächters preisgegeben würden. Diese Anschauung
teilte er mit Johann Hartwig Ernst, aber im übrigen waren die Ansichten der Brüder
über den Bauernstand doch recht verschieden. Johann Hartwig Ernst hatte weit
größeren Respekt vor dem Menschenwerte der Bauern als der Bruder. Andreas
Gottlieb war gütig gegen sie aus Christenpflicht und Gutmütigkeit, Johann Hartwig
Ernst auch aus allgemeiner Humanität."
"Andreas Gottliebs Strenge wie seine Humanität waren von einem moralischen
Verantwortlichkeitsgefühl getragen, das ihn auch dazu bewog, alte Diener bis zu ihrem
Todestage zu versorgen. Er versuchte, das Interesse des Gutsherrn mit dem der
Bauern zu vereinigen und ihr Leben so glücklich wie möglich zu gestalten, aber die
Gedanken an eine Emanzipation der Leibeigenen, welche sich ringsherum regten,
waren ihm gänzlich fremd."
"Auf allen Gütern wurden Schulen gebaut, die Kirchen ausgebessert, Pastoren und
Kantoren erhielten Gehaltszulage, aber zugleich strengen Befehl, ihr Amt gewissenhaft
zu verwalten, die Schule nicht über dem Wirtshaus zu versäumen, die
seelsorgerischen Hausbesuche nicht zu vergessen, auch die Sonntagspredigten nicht
aus dem Aermel zu schütteln. Sowohl auf Wotersen wie auf Gartow gab es eine Schul-
und Kirchenkasse, die einen jährlichen Zuschuß erhielt, ebenso wie die Armenkasse,
aus welcher die bedeutende Wohltätigkeit auf den Gütern geübt wurde."
"Andreas Gottlieb betonte stets, daß man haushälterisch mit dem umgehen müsse,
was uns von Gott gegeben und von den Vätern überliefert worden sei. Er hob die
Gefahren eines allzu großen Reichtums hervor und begehrte nur einen mäßigen
Wohlstand und Sicherung gegen unerwartete Unglücksfälle." "Er beneidete den Bruder
nie wegen seiner glänzenderen Stellung, sondern hob stets ihre Gefahren hervor und
erklärte, daß er nie versuchen würde, sich mit Grafen und Fürsten auf gleichen Fuß zu
stellen. Als er 1767 mit Johann Hartwig Ernst zusammen in den dänischen
Lehnsgrafenstand erhoben wurde, weigerte er sich, seinen Grundsätzen getreu, den
Titel zu führen, und nur sein bald darauf erfolgter Tod beseitigte die Schwierigkeiten,
welche für ihn und seine