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und als 1776 Christoph Bode (1730-1793) die deutsche Übersetzung "Der Dorfprediger
von Wakefield“ herausbrachte, widmete er sie - 4 Jahre nach dem Tod von Johann
Hartwig Ernst - dessen Witwe Charitas Emilie.
Eine neue bürgerliche Literatur begann sich zu regen. Bemerkenswerterweise waren
ihre Träger fast durchweg Söhne des evangelischen Pfarrhauses. Diese neue
Literatur, "durchaus noch im christlichen Geist, wollte an Stelle kirchlicher Erbauung
weltliche Seelsorge geben und verwendete dafür die Kräfte des Pfarrhauses" (Rößler),
während die französische Literatur religiös indifferent, "Literatur an sich" war und
religiöse Fragen in der Pariser Gesellschaft kein Interesse mehr fanden. „So
bedenklich Johann Hartwig Ernst die französische Entwicklung fand, so sehr bestärkte
ihn Englands Beispiel einer aus christlichem Geist gespeisten weltlichen Literatur in
seinen deutschen Hoffnungen. Er wurde deshalb tief ergriffen, als ihn der Bruder 1750
in Gartow zuerst mit Klopstocks religiöser Dichtung und dann mit diesem selbst
bekannt machte. Schon 1751 holte er den Dichter des ‚Messias‘ nach Kopenhagen zu
sich und erwartete von ihm die Gründung einer neuen deutschen Literatur im religiösen
Geist." (Rößler).
In Kopenhagen umfing Klopstock eine neue Welt. König Friedrich V. nahm ihn auf
seine Reisen mit und hörte seinen Rat, wenn Männer des Geistes berufen werden
sollten. Klopstock erhielt eine Pension, die ihn aller wirtschaftlichen Sorgen enthob.
Allabendlich war er in Johann Hartwig Ernsts Stadtpalais, saß mit ihm vor dem Kamin,
hörte ihn von fremden Ländern und den Großen der Zeit erzählen und seine Pläne für
die Entwicklung von Wohlstand und geistiger Kultur in Dänemark vortragen.
Klopstock wurde ein Freund Johann Hartwig Ernsts, der sich ihm erschloß "und
begeistert von der Zukunft sprach, für die er arbeitete". "Ergriffen sah der Dichter des
Messias, wie die Religion in diesem weltlichen Politiker als Triebkraft lebte und im
allmorgendlichen Studium der Bibel, der Kirchenväter und Reforrnatoren neu befestigt
wurde, wie sie alle Handlungen durchglühte, seinen Adel erhob, sein deutsches Gefühl
der christlichen Menschheit zuwandte" (Rößler).
Klopstock dankte seinem Gönner, indem er seine 1771 bei dem schon genannten
Christoph Bode in Hamburg erschienenen Oden mit der Widmung versah "An
Bernstorff“.
Über Johann Hartwig Ernsts Wirken zum Wohl des Volkes aus christlicher
Verantwortung erfahren wir einiges aus den schon erwähnten Erinnerungen von Peter
Helfrich Sturz. Er richtete ein Hospital ein, beförderte den Bau von Schulen und
gesunden Wohnhäusern und stellte ein Viertel seiner Amtseinkünfte für wohltätige
Zwecke zur Verfügung. Besonders lag ihm das kirchliche Leben am Herzen. Er war
nicht engherzig, wie wir schon aus seiner erwähnten Äußerung gegenüber Madame de
Belle-Isle wissen. "Bei Besetzung geistlicher Ämter zog er immer den Mann von
unsträflichem Wandel, der durch sein Beyspiel zur Nachahmung reizt, dem größeren
Gelehrten vor" (Sturz).
`Von den Gerichten forderte er Recht, wie solches der Menschenfreund austheilt, der
niemals vergißt, daß sein Amt nicht die