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wo er mit Freuden die alten Freunde wiedersah und einige Tage in einfacher
bürgerlicher Umgebung zubrachte. Dies Mal besuchte er aber auch Dresden, das
damals von den Preußen besetzt war. Johann Hartwig Ernst fand, daß es Andreas
Peter sehr nützlich sein werde, "einen Hof zu sehen, der durch die Schläge vernichtet
sei, die unabweisbar auf Luxus und Verweichlichung folgen". "Kein Anblick ist
lehrreicher, und ich hoffe, daß Du ihn Dein Lebelang nicht vergißt". Der König und Graf
Brühl waren nach Warschau geflüchtet, in Dresden befand sich nur die Königin, der
Andreas Peter auch vorgestellt wurde, als halbe Gefangene mit der übrigen Familie.
Weihnachten 1756 war Andreas Peter in Berlin, wo er der königlichen Familie
vorgestellt und in die vornehmsten Häuser der Stadt eingeführt wurde. Der Hof machte
einen guten Eindruck auf ihn, und er staunte über den Stand der Kunst, die höchste
Höhe erreicht habe. Nach wenigen Tagen reiste er weiter und traf am 5. Januar 1757
nach dreijähriger Abwesenheit zu Hause in Gartow ein.
Jetzt dem Erwachsenen gegenüber brach die ganze Liebe der Eltern, die sie dem Kind
gegenüber nach den Gepflogenheiten der Zeit so verborgen gehalten hatten, mit
ungehemmter Wärme und Kraft hervor. Jetzt fühlte Andreas Peter sich nach den
Jahren, in denen er mehr Ermahnungen und ernste Weisungen als Liebe empfangen
hatte, von seinen Eltern wirklich geliebt; sie behandelten ihn als Erwachsenen und
Freund und waren entzückt von dem Sohn. Andreas Gottlieb dankte Gott für "seinen
ausgezeichneten Charakter, der ein natürlicher Feind aller Eitelkeit und Selbstsucht"
sei. Andreas Peter seinerseits konnte später niemals ohne Bewegung an die
glücklichen Tage zurückdenken, die er im Januar 1757 in Gartow verbracht hatte.
Aber er blieb nicht lange dort. Johann Hartwig Ernst hatte schon einen neuen Plan für
eine weitere Reise bereit. Andreas Gottlieb sträubte sich zwar: "ich ruinire mich, es
wird mein Untergang, ich kann es nicht bezahlen", aber er fügte sich dann doch dem
Bruder, der wollte, daß Andreas Peter so weit wie möglich reisen solle, um Menschen
und Staaten gehörig kennen zu lernen, ehe er sich in Dänemark niederließ.
So reiste Andreas Peter am 25. Januar 1957 nach Hannover, wo er 14 Tage mit
seinem Bruder Joachim Bechtold und dessen Braut, Louise v. Steinberg,
zusammenblieb. Als so weit gereister junger Mann war er Held des Tages in Hannover,
fuhr Schlitten mit den jungen Damen und speiste bei den Ministern. Der große Gerlach
Adolph v. Münchhausen versuchte "durch die vorteilhaftesten und in Hannover sehr
wenig gewöhnlichen Anerbietungen" vergeblich, ihn in hannöversche Dienste
hinüberzuziehen. Andreas Peter blieb nur kurz in Hannover. Die für Ende Februar
angesetzte Hochzeit des Bruders wartete er nicht mehr ab, sondern brach am 9.
Februar, wie immer bei Tagesanbruch, nach Paris auf.
Unterwegs besuchte er verschiedene deutsche Fürstenhöfe, an denen er als Neffe
Johann Hartwig Ernsts überall mit großem Entgegenkommen aufgenommen wurde.
Besonders galt das von Kassel und Luneville. Der Landgraf von Hessen- Kassel war
ein Schwager des dänischen Königs und war aus familiären Gründen Johann