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Seine Wißbegierde war gestillt, und jetzt kam ihm, wie er einem Freund sagte,
dasjenige Land als das schönste vor, das ihm die meiste Gelegenheit bot, sich nützlich
zu machen. - Im Oktober 1757 verließ er London.
Nur kurz hielt er sich in Holland auf. Amsterdam gefiel ihm nicht; er nannte es einen
vortrefflichen Ort "vor einem jungen Mensch, so die Handlung lernen will, der beständig
auf dem Comtoir sitzet, des Nachmittags speculiren lernet, ja nicht falsch rechnet und
zu seiner vergnügtesten Abwechslung eine Pfeife Tabacs rauchen lernet“; für ihn sei
das nichts.
Andreas Peter wollte nun schnell nach Hause. Aber das war leichter gesagt als getan.
Der Weg war durch französische Heere gesperrt, und vom Onkel kam strenge Order,
nicht über Hannover, Celle oder Lüneburg zu reisen. Andreas Peter machte daher
einen großen Umweg über Bremen und Hamburg mitten durch kämpfende Heere
hindurch. In der Weihnachtsnacht kam er an einem französischen Lager vorbei, in dem
um diese Zeit viele Soldaten vor Kälte umkamen. Am 1. Weihnachtstag 1757 traf er in
Gartow ein.
Er hatte dieselben Völker und Länder gesehen wie sein Vater und Onkel 27 Jahre
zuvor. Er hatte viele Kenntnisse erworben und konnte davon berichten, was überall in
den inzwischen vergangenen Jahrzehnten geschehen war und welche Veränderungen
eingetreten waren. Es besaß nun die Voraussetzungen, um seinen Platz neben dem
Onkel einzunehmen und dessen Lebenswerk zu verstehen. Ein neues Zeitalter
kündigte sich mit ihm nicht an. Er besaß zwar durch Elastizität und jugendliches Feuer
die Möglichkeit zu einer selbständigen Entwicklung, aber er war durch Charakter und
Grundanschauung doch durchaus von den Traditionen der Familie bestimmt.
Bis Ostern blieb er zu Hause, und während rings umher der Krieg wütete, lebte er zum
ersten Mal seit seiner Kindheit wieder im stillen Familienkreis. Er fand sich wieder in
das zurückgezogene Gartower Leben hinein und nahm die Lieblingsbeschäftigung
seiner Kinderjahre, die Jagd, wieder auf. Jeden Tag streifte er mit dem Vater in den
Wäldern umher. Die langen Winterabende wurden durch Vorlesen und Gespräche
verkürzt. Ende März schlug die Abschiedsstunde. Am 31. März 1758 verließ Andreas
Peter Gartow und reiste langsam über Dreilützow, Wotersen und Stintenburg gen
Norden. Johann Hartwig Ernst sah seiner Ankunft bewegt entgegen in dem Wunsch,
"daß Gott uns durch ein inniges dauerndes Freundschaftsband verknüpfen möge, das
imstande ist, unser beider Glück zu begründen".
Am 25. April 1758 traf Andreas Peter, nunmehr 22 Jahre alt, in Kopenhagen ein. Und
damit begann eine fast 40-jährige Tätigkeit zum Wohl Dänemarks.
Im Rahmen der Familiengeschichte ist nicht der Ort, die Tätigkeit und Leistungen
Andreas Peters im dänischen Staatsdienst für den dänischen Gesamtstaat, für
Deutschland, ja für Europa im einzelnen darzustellen und zu würdigen. Es kann hier
nur ein kurzer Überblick gegeben werden. Johann Hartwig Ernst hatte die Ankunft
seines Neffen sehnlich erwartet. Weil er in ihm seinen Nachfolger sah, ließ er ihn an
allen seinen Gedanken und Plänen teilnehmen und in seine Aufgaben hineinwachsen.