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Vater. "Ich bitte Gott alle Tage, mir die nötige Kraft und die nötige Gründlichkeit
(fidélité) zu geben". Seine Gesundheit war zum Glück weit besser als die Johann
Hartwig Ernsts. Abgesehen von Gichtanfällen, die ihn erstmalig schon mit 25 Jahren
plagten, ihn dann aber jahrelang verschonten, um erst später mit zunehmender
Häufigkeit und Stärke aufzutreten, hatte er "einen Körper von Eisen". Seine Arbeit
beanspruchte seine ganze Zeit, und er ging ebenso wie der Onkel ganz in ihr auf. An
gesellschaftlichen Verpflichtungen hatte er kein allzu großes Interesse. Dagegen
spielten religiöse Angelegenheiten nach der Tradition der Familie bei ihm eine große
Rolle. Er war ein regelmäßiger Kirchgänger und besuchte manchmal zwei
Gottesdienste am selben Tage. Nach der Predigt schrieb er Text und Hauptpunkte auf.
In erhaltenen Tagebuchblättern berichtet er genau über innere Vorbereitungen für die
Teilnahme am Hl. Abendmahl.
Am meisten Arbeit machte Andreas Peter seine Tätigkeit in der Rentkammer, die er im
wesentlichen mit Detlev Reventlou allein zu bewältigen hatte. Er nahm dabei einen so
großen Teil auf sich, "daß er z. B. allein alle die fünf- bis sechshundert Schreiben
durchlas und korrigierte, die die Kammer wöchentlich verließen" (Aage Friis). Die Folge
war aber auch, daß nicht nur seine Arbeit, sondern auch seine Verantwortung und sein
Einfluß wuchsen. So kam er 1767 schließlich auch in die Obersteuerdirektion und in
die neu errichtete Staatsbilanzkommission, die beide die Aufgabe hatten, den großen
finanziellen Schwierigkeiten des Staates abzuhelfen. Es sollten Vorschläge gemacht
werden, wie man eine positive Handelsbilanz erreichen, d. h. dem Reich einen guten
Einfuhrüberschuß sichern könne.
Das private Leben Andreas Peters spielte sich naturgemäß im wesentlichen im Hause
und der Umgebung des Onkels ab, in dessen Palais er auch wohnte. Das Stadtpalais
stand bereits, als er nach Kopenhagen kam. Der Bau des Bernstorff Schlosses vor den
Toren der Stadt geschah dagegen erst zu seiner Zeit und erfolgte weitgehend auf
Grund gemeinsamer Planung Johann Hartwig Ernsts und Andreas Peters. Was oben
über das gesellige Leben Johann Hartwig Ernsts im Stadtpalais und im Schloß
Bernstorff gesagt worden ist, trifft auch Andreas Peter, der voll daran Anteil hatte.
Schon in seinem ersten Kopenhagener Jahr trat Andreas Peter in Beziehungen zum
Haus des Oberhofmeisters der Königin-Mutter, Graf Christian Günther Stolberg und
seiner Gemahlin Charlotte Friederike geb. Gräfin Castell-Remlingen. Beide waren
bedeutende, von strengen sittlichen Ideen durchdrungene Menschen. Graf Stolberg
war durch die Hallesche Schule des Pietismus August Hermann Frankes gegangen
und lebte eine aufrichtige und eifrige Frömmigkeit. Er als erster hob auf seinem
holsteinischen Gut Stedinghof bei Bramstedt die Leibeigenschaft auf und erreichte dies
auch auf dem von ihm verwalteten Gut Hörsholm der Königin-Witwe. Er zog die
Pietisten und Herrnhuter in sein Haus und seinen Kreis und gewährte ihnen gastfreie
Zuflucht.
Die Gräfin Stolberg (Bild) teilte die Frömmigkeit ihres Gemahls, aber im Gegensatz zu
dessen Verschlossenheit drängte es sie, ihren Gefühlen Ausdruck zu geben. Sie tat es
in Gebeten, die sie in der täglichen Morgen und Abendandacht vor versammelter
Hausgemeinschaft und auch in der Kirche beim Gottesdienst hören ließ.