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Nach Wiederherstellung der alten Regierung entrüstet sich Ernst dann allerdings
(1818) in dem Brief, in dem er die Regierung in Hannover mit Algier vergleicht und in
dem er sich auch über die Regierung von Jérome beklagt, auch anderseits darüber,
daß er nicht Hofmarschall geworden sei.
In den Kriegsläufen der Franzosenzeit ist ihm wiederholt übel mitgespielt worden. Von
den Requisitionsforderungen an Wedendorf im November 1806 war schon die Rede.
Aus den Briefen der Gräfin Schlitz ergibt sich, daß auch Gartow schwer zu leiden
gehabt hat. Bis 1807 betraf dies unmittelbar allerdings noch Joachim Bechtold; aber
auch nachher kamen noch schlimme Zeiten, besonders im Jahre 1813, als der Krieg
gegen Napoleon wieder begann. Durchzüge von Truppen durch Gartow zur Elbe
brachten ihm Schäden. Im Juni 1813 wurde Ernst in Gartow, nicht durch die
Franzosen, sondern durch die alliierten Truppen(!) seines ganzen Silbers,
Leinenzeuges usw. beraubt, alle Leute wurden schrecklich mit Schlägen mißhandelt.
Ernst berichtete, daß der Feind in 9 Jahren nicht solche Verwüstungen angerichtet
habe wie die Befreier in wenigen Wochen.
Die Schicksalsschläge, die Ernst erleiden mußte, haben ihn noch bitterer gemacht, als
er schon von Natur aus war. Nicht nur, daß er sich mit den Regierungen anlegte, auch
in Gartow selber machte er es nicht besser. Er überwarf sich mit seinen Bauern: nach
einem Brief der Gräfin Schlitz aus 1818 führte er mindestens 120 Prozesse mit ihnen,
die die ohnehin schmal gewordenen Einkünfte Gartows auffraßen. Finanziell sah es
damals nicht gut in Gartow aus. Joachim Bechtold hatte nach Ernsts Darstellung die
Geschäfte in einer furchtbaren Verwirrung und mit einer Schuldenlast von 300.000
Rthlrn. hinterlassen, davon 110.000 Rthlr in Form einer Bürgschaft für die Familie v.
Bülow, die er nun bezahlen sollte, aber nicht konnte. Trotz eines Vermögens von, wie
Gräfin Schlitz schreibt, 1 1/2 Millionen konnte Ernst damals so wenig wie jeder andere
auch nur 100 Rthlr an Darlehn erhalten, und Gartow warf angeblich keinen Heller ab.
Mit Wedendorf war es besser. Es soll immerhin einen Ertrag von 40.000 Rthlrn
gebracht haben.
Das Mißvergnügen Ernsts an Gartow wurde schließlich so groß, daß er im Jahre 1818
Verhandlungen mit dem Grafen Münster über einen Verkauf Gartows aufnahm, aus
denen aber zum Glück nichts geworden ist. Die größere Liebe Ernsts scheint jedenfalls
Wedendorf gegolten zu haben, und es ist eigentlich erstaunlich, daß er dessen
Ausbau, die innere Ausschmückung durch Pellicia und den Kauf des umfangreichen
schönen Mobiliars gerade in diesen Jahren von 1805 an hat durchführen können.
Überhaupt besteht ein merkwürdiges Mißverhältnis zwischen Ernsts Klagen über sein
Unglück, über seine mißlichen Verhältnisse, seine Befürchtungen sogar, daß er vor
dem Bankrott stehe und daß er seine Kinder in Armut zurücklassen werde, auf der
einen Seite und anderseits seinem außerordentlich repräsentativen Auftreten vor der
Welt. Besonders in Doberan erschien er als großer Herr. Er will dort derjenige sein, der
die Honneurs macht, führt dort ein großes Haus und gibt Diners, Soupers und Thees
für die ganze Gesellschaft "in einem Land, in dem man nichts als die Spieltische
kennt". Er erweckte, wie Gräfin Schlitz schreibt, den Eindruck, "Hof halten zu wollen".
Ernst und