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Zwölf Jahre waren ihm noch im heimatlichen Bernstorf vergönnt. Sie waren nicht leicht.
Die Landwirtschaft führte nunmehr der älteste Sohn Christian, der die schwere
Aufgabe hatte, den immer noch stark verschuldeten Restbesitz wieder zur tragfähigen
Lebensgrundlage der Familie zu machen, wobei der nach einigen Jahren mögliche
Verkauf von KI. Hundorf eine Hilfe bedeutete. Hermann beschränkte sich auf die
Bewirtschaftung der Forst, wobei er bis in sein hohes Alter von über 75 Jahren bei der
Anlage und Pflege von Kulturen selber mit Hand anlegte.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse beruhigten sich allmählich, und 1937 konnte im
Rahmen eines vergrößerten Erntefestes die 700-Jahrfeier von Bernstorf als Besitz
unserer Familie begangen werden.
Zwei Jahre später begann der 2. Weltkrieg, und 6 weitere Jahre später war alles aus.
Hermann und Else erlebten den Zusammenbruch und die zunächst amerikanische,
dann britische Besatzung in Bernstorf und blieben ebenso wie Christian und die
Schwiegertochter Bille mit ihren drei Kindern auch dort, als die Russen kamen, mußten
aber in eine Katenwohnung auf dem Nebengut Wilkenhagen ausweichen und zogen
im Dezember 1945 von dort nach Kirch-Grambow weiter, wo durch Fürsprache der
Kirchenvorsteher dem langjährigen früheren Patron im Prediger-Witwenhaus ein
kleines Zimmer mit Küchenbenutzung und daneben für die Tochter Anni eine kleine
Kammer eingeräumt wurden. Hier haben Hermann und Else, vor) Anni treu versorgt, in
frommer und klagloser Ergebenheit in ihr Schicksal gelebt, bis Hermann am 4. Mai
1946 und Else am 30. Juli 1948 starben. Sie fanden ihre letzte Ruhestätte im
Erbbegräbnis auf dem Grambower Friedhof.
Hermann war, wie sein Sohn Christian in seinen Lebenserinnerungen schreibt, in
seinem eigentlichen Wesen geprägt von einer tiefen Religiosität, die in einer sein
ganzes Denken und Handeln bestimmenden, etwas pietistisch gefärbten lutherischen
Frömmigkeit ihren Ausdruck fand. Sie zeigte sich in seiner fast schrankenlosen Güte,
die immer wieder von Leuten ausgenutzt wurde, die ihn zu nehmen wußten. Da ihm
wirkliche Menschenkenntnis fehlte, setzte er bei jedem, der ihm begegnete, solange
die besten Eigenschaften voraus, bis das Gegenteil erwiesen war, und verschenkte
daher sein Vertrauen auch an Unwürdige. Andererseits konnte er in dem heftigen
aufbrausenden Temperament seiner jüngeren Jahre und in seiner herrischen Art oft
denen gegenüber ungerecht sein, die seine persönliche Sympathie nicht besaßen.
Selbst von Grund auf konservativ-hierarchisch gesonnen und autoritätsgläubig,
verlangte er von seinen Untergebenen das Gleiche und hatte für andere Auffassungen
wenig Verständnis.
Er besaß eine gründliche humanistische Bildung, und seine Interessen waren
weitgespannt. Auf der einen Seite standen Forstwirtschaft, Jagd - er war ein
passionierter erfahrener Jäger und guter Schütze - und Pferdezucht im Vordergrund,
auf der anderen Seite hatte er ausgesprochenes Interesse für Geschichte, Politik und
Militärwissenschaft, nicht zuletzt auch für Kirche und Theologie, denen er sich in
seinen letzten Lebensjahren besonders widmete. Sein Amt als Grambower
Kirchenpatron nahm er sowohl materiell wie ideell sehr ernst, namentlich was die ihm
obliegende Aufstellung des von der Gemeinde zu wählenden Pastors betraf. Die
schöne von Professor Wandschneider aus Plau geschaffene Gedenktafel für die
Gefallenen des 1.Weltkrieges in der Grambower Kirche ist Hermanns Geschenk.