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Er war auch Vorstandsmitglied das Deutschen Geflügelclubs. im Sommer machte er
bis in seine letzten Lebensjahre große Reisen mit dem Fahrrad zu Verwandten und
Freunden in ganz Deutschland. Er bewältigte dabei Strecken bis zu 1700 km in 3 bis 5
Wochen und Tagesleistungen bis zu 110 km. Als im Sommer 1930 die wirtschaftlichen
Schwierigkeiten in Wedendorf immer größer wurden, so daß der Bernstorfer
Schloßhaushalt geschlossen werden mußte, zog Andreas mit seiner Familie in das
kleine Inspektorhaus, in dem er dann bis 1945 gelebt hat. In Bernstorf erlebte er auch
den Zusammenbruch von 1945. Als die Russen kamen, mußte er mit seiner Frau in
eine Katenstube in Bernstorf umziehen. Hier ist er am 12. Sept. 1945 an der damals in
Bernstorf herrschenden Ruhr gestorben. Seine letzte Ruhestätte hat er auf dem
Friedhof in Börzow (Bild) gefunden.
Seine Witwe Hertha mußte bald darauf Bernstorf verlassen und fand bei ihrer
Schneiderin in Grevesmühlen. ein bescheidenes Unterkommen. Im Mai 1946 konnte
sie sich gemeinsam mit mir und meiner Familie sowie mit der Nichte Barbara Pahlen
und Sohn Detlev einem Transport in den Westen anschließen und gelangte, nach etwa
einwöchiger Eisenbahnfahrt im Viehwagen in fürchterlicher Enge zunächst nach
Bevensen Kr. Uelzen, wo ihre Tochter Gretchen damals untergekommen war. Von dort
ist sie dann mit Gretchen zu Gräfin Rena Wedel, der Tochter eines engen Freundes
und Regimentskameraden von Andreas, nach Sandfort bei Olfen Kr. Ludinghausen
übergesiedelt. Hier hat sie noch eine Reihe von Jahren gelebt und ist am 28. Nov.
1956 in Olfen gestorben.
Über dem Leben von Andreas lag eine gewisse Tragik. Zunächst lag vor ihm, der eine
glänzende, elegante und vornehme Erscheinung war, eine erfolgreiche Karriere als
Offizier im vornehmsten Regiment der preußischen Armee mit Dienst in der
unmittelbaren Nähe des Kaisers. Das Magenleiden, das ihn sein Leben hindurch nicht
verlassen sollte, zerstörte diesen Lebensweg. Es war dann aber zu erwarten, daß die
große Erbschaft vom Großvater ihn in den Stand setzen würde, seiner Familie eine
tragfähige und dauerhafte Lebensgrundlage zu schaffen. Dies gelang ihm jedoch nicht,
weil seine Versuche, ertragsfähigen Grundbesitz zu erwerben, Fehlschläge wurden
und der Rest seines Vermögens schließlich der Inflation zum Opfer fiel. Und schließlich
scheiterten auch seine Versuche, eine angemessene bezahlte Lebensstellung zu
finden. So war ihm ein hartes Leben beschieden, das er in tiefer Religiosität, wie sie
von der Erziehung im christlichen Elternhaus ausging, in schlichtem Gottvertrauen und
im unerschütterlichen Glauben an eine höhere Führung des Geschicks jedes
Einzelnen geführt hat. Er besaß eine bis an die äußerste Grenze gehende Härte gegen
sich selbst, die dem Körper immer wieder die höchsten Leistungen abverlangte. Seine
durch das Magenleiden bedingten Ernährungsgrundsätze führten ihn schließlich zu
einer Askese, in der er - das alte Leiden kaum noch spürend - sich selbst als
kerngesund bezeichnen konnte. Der Härte gegen sich selbst entsprach ein
unerbittliches Pflichtbewußtsein. das er ebenso wie von sich auch von anderen
erwartete. Das machte ihn als Offizier zum hervorragenden militärischen Erzieher und
zum strengen, aber gerechten Vorgesetzten, der von seinen Untergebenen wohl
gefürchtet, mehr noch aber wegen seines untadeligen Charakters geliebt wurde.