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Berechtigten in der Reihenfolge des Alters; den 3. und 4. Platz dagegen sollten vor
anderen die Schwächlichen oder Gebrechlichen erhalten. Auch hier bestimmte er ganz
genau, in welcher Reihenfolge nach der Schwere des Gebrechens die
Berücksichtigung erfolgen solle. Auch das Verfahren der Auswahl und Entscheidung
wurde von ihm genau festgelegt.
Interessant ist die Bestimmung, daß diejenigen "Benefizierten", welche die ersten
beiden Plätze innehaben, verpflichtet sein sollen, wenn es verlangt wird und vom
Senior familiae ihnen auferlegt wird, ein Kind des Stammes und Namens der Familie
von 5 - 16 Jahren zu sich zu nehmen, es zu erziehen und ihm, wenn das Kind ohne
Mittel ist, gegen ein geringes Kostgeld Kost zu gewähren. Falls von ihnen die
Aufnahme eines zweiten Kindes verlangt würde, soll ein höheres Kostgeld gezahlt
werden. Auch die Inhaberinnen des 3. und 4. Platzes sollen, wenn es ihr Zustand
erlaubt, verpflichtet sein, ein Kind aufzunehmen.
Andreas Gottlieb wird nicht müde, sich auszudenken, welche Umstände eintreten
könnten, für die er Vorsorge treffen möchte. Und da in allen diesen Anweisungen seine
ganze Persönlichkeit, sein Charakter und seine Anschauungsweise zum Ausdruck
kommen, ist es für die Familie interessant, seinen Anweisungen weiterhin im einzelnen
zu folgen. obwohl sie durch das inzwischen vergangene Vierteljahrtausend, ins-
besondere durch die Geldentwertungen unseres Jahrhunderts, weithin gegenstands-
los geworden sind.
Andreas Gottlieb ordnet an, daß Töchter, die für das Benefizium bestimmt sind, in
Fällen, daß ihre Mutter sie nicht gut erziehen oder wenigstens. zur Beaufsichtigung
eines Haushalts anleiten könnte, rechtzeitig, nämlich von 10, 12 oder 14 Jahren an zu
einer solchen Frau gegeben und bei ihr erzogen werden sollten, die sie "zu der Pietät,
einem anständigen stillen Leben und zu der Haushaltung wohl anführen" könnte. Sie
könnten, wenn unter den Benefizierten "vernünftige Personen guten Alters" wären,
auch zu diesen gegeben (s. oben) und ihrer Aufsicht wenigstens bis dahin untergeben
werden, daß man sie anderweitig zu einer Haushaltung weiter anleiten könnte.
Andreas Gottlieb spricht die Hoffnung aus, daß Diejenigen, die für das Benefizium
bestimmt sind und in seinen Genuß kommen wollen, allezeit die Ehre ihrer Vorfahren,
Familie und Angehörigen, auch ihre eigene Ehre vor Augen haben würden und dies
durch "tugendhaftes unsträftliches Comportement" bezeigen würden, ohne welches sie
ihrer Familie und deren Benefizien nicht würdig seien. Sie sollten ein solches Leben
führen, das nicht allein "von allen Flecken und Unthaten“, sondern auch von dem
geringsten Verdacht frei sei. Darauf sollten diejenigen, deren Aufsicht und Sorge sie
untergeben seien, insonderheit der Senior familiae in Verantwortung vor Gott und der
ehrbaren Welt achten.
In diesem Zusammenhang bestimmt er, weil es zur Handhabung und guten
Anwendung seiner Stiftungen sehr auf die Sorgfalt, Rechtschaffenheit und Festigkeit
des Seniors ankomme, daß in Fällen, in denen das Senium an jemanden käme, der
"zur Beobachtung desjenigen, was in dieser oder andern Meiner Dispositionen dem
Seniori aufgetragen ist, sich nicht schickte, oder