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37. Andreas Gottlieb d. J. 1708-1768 ( Bild 2 / Bild 3 )
Bei Joachim Engelkes Söhnen Andreas Gottlieb d.J. und Johann Hartwig Ernst wirkten
sich zum ersten Mal die Anweisungen aus, die der Großvater Andreas Gottlieb d.Ä. für
die Erziehung der Jugend seiner Familie gegeben hatte und die er zunächst noch
selber den Enkeln gegenüber zur Anwendung brachte.
Andreas Gottlieb d.J., in Hannover geboren und laut Kirchenbuch der Schloßkirche zu
Hannover am 22.8.1708 dort getauft, war fast 4 Jahre älter als sein Bruder Johann
Hartwig Ernst. Als er acht Jahre alt war, berief nicht der Vater, sondern der Großvater
einen jungen Hauslehrer für die Enkel. Er hatte mit seiner Wahl außerordentliches
Glück. Der damals 27-jährige Johann Georg Keyßler, der 1716 in Bernstorffsche
Dienste trat, hatte Theologie, klassische Sprachen und Geschichte studiert und dann
als Hofmeister junger Edelleute mehrere Reisen durch Europa gemacht. Er sprach
fließend englisch, französisch, italienisch und spanisch und war ein Polyhistor großen
Stils, der auch beachtliche, allerdings jetzt vergessene Bücher geschrieben hat.
Andreas Gottlieb d.Ä. wählte ihn aus, weil er seine Frömmigkeit und Tüchtigkeit und
seine Gabe, "der Jungen Gemüter durch vernünftige Vorstellungen vor
Ausschweifunen zu bewahren", rühmen gehört hatte. Keyßler war nicht nur 15 Jahre
lang der gelehrte Informator und Hofmeister der beiden Brüder, sondern blieb sein
ganzes Leben als Freund der Familie bei den Bernstorffs. Nach seinem Tode schrieb
Andreas Gottlieb d.J. über ihn in das Gartower Familienbuch: "Den 22. Juni 1743 ist
mein ehemaliger Hofmeister, zweiter Vater und vertrautester Freund, angenehmer Ge-
sellschafter und 27 Jahre lang unermüdeter Arbeitsgehülfe zu Stintenburg am Schlage
todt von mir, im Bett gefunden worden, nachdem er sein Alter auf ungefähr 50 Jahre
mag gebracht haben. Diese und noch verschiedene andere Meriten gegen meinen
seligen Großvater, selige Eltern und sämmtliche noch lebende Familie machen also
den Herrn Johann Georg Keysler würdig, mit in einem Buch eingetragen zu stehen, in
welches sonst nur die nächsten Verwandten gehören." - Keyßler ist auf dem Friedhof
des für Stintenburg zuständigen Kirchdorfs Lassahn begraben.
Im Herbst 1727, Andreas Gottlieb war 19 und Johann Hartwig Ernst 15 Jahre alt,
bezogen beide Brüder unter Keyßlers Aufsicht die Universität Tübingen. Dieses war,
wie es den Grundsätzen Andreas Gottliebs d.Ä. entsprach, eine kleine und ruhige
Stadt, hatte keinen Hof und bot daher wenig Gelegenheit zu störenden Zerstreuungen.
Hier blieben die Brüder 1 1/2 Jahre und studierten teils an der Universität, teils an dem
mit ihr verbundenen Collegium illustre, einer Akademie, an der junge Fürsten und
Edelleute eine spezielle für späteren Staatsdienst vorbereitende Ausbildung in
Geschichte und Staatswissenschaften erhielten. Der bescheidene gesellige Verkehr,
den die Brüder in Tübingen pflegten, führte sie auch in das Haus des
Oberhofgerichtsrats Freiherrn v. Forstner, wo sie "mit Gnade, Liebe und Freundschaft"
aufgenommen wurden und mit dessen Familie sie eine enge Freundschaft schlossen.
Forstner war Oberhofmeister am Collegium illustre und wurde später
württembergischer Geheimer Rat und Premierminister. Hier lernten die Brüder auch
Frau v. Forstners Schwester, Dorothea Wilhelmine v. Weitersheim (Bild 2), (Bild 3) ,
kennen, die wenige Jahre später Andreas Gottliebs Frau wurde.