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reichung des angestrebten Zieles außerordentlich mühsame und zähe Verhandlungen
mit den Gesandten der beteiligten Fürsten. Zu diesen gehörte auch der englische
König, der als Herzog von Lauenburg den Platz Nr. 34 unmittelbar vor dem König von
Dänemark innehatte. Er waren daher in erster Linie Verhandlungen mit der
hannoverschen Regierung zu führen, zu welchem Zweck Johann Hartwig Ernst nach
Hannover geschickt wurde. Die Verhandlungen gestalteten sich außerordentlich
schwierig und wurden mit anderen Fragen verquickt, nämlich mit der Erbfolge in
Ostfriesland, auf die der König von Dänemark aus verwandtschaftlichen Gründen
Anspruch erhob, und mit der sogen. "Steinhorstschen Affäre", dem Streit Hannovers
und Dänemarks um das Gut Steinhorst der Familie v. Wedderkopp, auf der Grenze
zwischen Lauenburg und Holstein gelegen, auf das sowohl Hannover wie Dänemark
landesherrliche Rechte geltend machten. Erst im Frühjahr 1739 gelang ihm der
Abschluß. Hannover versprach, Dänemark in der Alternationsfrage zu unterstützen,
und trat ihm seinen Platz 34 im Fürstenkollegium des deutschen Reichstages ab.
Steinhorst fiel gegen eine Entschädigung an Hannover. Die ostfriesische Erbfolge war
schon vorher aus dem Streit ausgeschieden.
So konnte Johann Hartwig Ernst endlich im August 1739 nach Regensburg
zurückkehren. Die hinter ihm liegenden zwei Jahr, waren reich an Enttäuschung und
Unerfreulichkeiten gewesen, aber an den Schwierigkeiten, die er gemeistert hatte, war
er gewachsen und war auch im Ansehen seines Königs erheblich gestiegen. Jetzt war
er "ein gereifter Mann und voll entwickelter Diplomat" (Aage Friis). Er wurde zwar
gerade erst 27 Jahre alt. Aber er nutzte die als Jüngling erworbenen Kenntnisse und
erweiterte sie ständig. Seine Berichte an seine Regierung verraten vielseitiges
historisches Wissen und Überblick über die politischen Motive der einzelnen Staaten.
Er zeigt schon jetzt ein selbständiges Urteil und unterscheidet treffsicher das
Wesentliche vom Unwesentlichen. Mit seinen in elegantestem Französisch
geschriebenen Berichten will er seinen Minister nicht nur informieren, sondern ihn auch
beraten. Seinen Gegnern tritt er mit der geschliffenen Urbanität seiner Umgangsformen
gegenüber und widerlegt zäh und unnachgiebig deren Standpunkte .
Schon jetzt, obwohl noch nicht auf einem bedeutenden Posten, „stand er höher als
irgend ein anderer Diplomat im dänischen Dienste. Depeschen wie er schrieb sonst
keiner, nicht einmal die, welche die wichtigsten Posten innehatten. Berckentin war
Bernstorff wohl an Erfahrung überlegen, aber weder an Formgewandtheit, noch an
politischer Begabung. Hierzu kam, daß Bernstorff Eigenschaften besaß, die eine
gleichmäßige Entwicklung versprachen. Arbeit war ihm Naturnotwendigkeit; man hat
nicht e i n Beispiel davon, daß er je seine Pflicht versäumt hätte; Natur und religiöse
Gewissenhaftigkeit banden ihn an ihr Gebot. Alles dies bot Möglichkeiten für eine
bedeutende Zukunft." (Aage Friis).
Der nächste Schritt in diese Zukunft führte ihn nach Frankfurt. lm Oktober 1740 starb
Kaiser Karl Vl., der Vater Maria Theresias, ohne Hinterlassung männlicher Erben.
Damit stand eine Kaiserwahl in Frankfurt mit allen damit verbundenen politischen
Machtkämpfen und Intrigen bevor. lm März 1741 erhielt Johann Hartwig Ernst den
Befehl, sich nach Offenbach zu begeben, um