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und der Neutralität des Reiches; er arbeitete für die Sicherung der Südgrenze
Dänemarks durch Beendigung des Gottorfschen Streites mit Hilfe des holsteinischen
Austausches, und er suchte die ausländischen Konjunkturen systematisch zu
großzügiger Entwicklung der dänisch-norwegischen Schiffahrt und des Handels
auszunutzen" (Rößler).
Seine Außenpolitik war Friedenspolitik aus christlicher Überzeugung. Er betrachtete
den Krieg als eines der größten Übel der Menschheit. "Ein Krieg", sagte er, "den man
ohne gerechten Grund beginnt, ja ich will mehr sagen, ohne Notwendigkeit, ist der
furchtbarste aller Entschlüsse, die Menschen auf sich nehmen können. Ich weiß wohl,
daß man diese Denkweise als lächerlich und absurd ansehen kann, aber ich lasse
mich durch solchen Hohn nicht davon abbringen." Diese Einstellung zum Krieg, die
immer sein Denken beherrschte, hebt ihn hoch über die meisten Fürsten und
Diplomaten des 18. Jahrhunderts hinaus.
Entsprechend dieser Einstellung war es auf außenpolitischem Gebiet seine größte
Leistung, durch die er sich unvergängliche Verdienste erworben hat, daß er Dänemark
aus den Kriegen, die damals das nördliche Europa bewegten, heraushielt. Aus dieser
Einstellung heraus war er auch ein starker Gegner des im gleichen Jahr wie er
geborenen Königs Friedrich d.Gr. von Preußen. Beide waren sie Kinder der
Aufklärung, aber "gegenüber Friedrichs Staatsegoismus bekannte sich der Christ
Bernstorff vielmehr zu Europa als dem Raum der christlichen Menschheit und in ihm zu
einem Gleichgewicht der Mächte, vor dessen Vernünftigkeit menschliche
Leidenschaften zwischen den Völkern hinfällig werden. Der Menschheitskultur
Frankreichs brach er nun auch in der dänischen und nordeuropäischen Politik Bahn"
(Rößler).
In seinen Pariser Gesandtenjahren war es ihm gelungen, Dänemark und Frankreich
einander zu nähern und Dänemarks altem Gegner Schweden die französische
Rückendeckung zu nehmen. Als 1756 der Siebenjährige Krieg ausbrach, in dem im
nördlichen Raum Frankreich, Rußland und Schweden gegen Preußen und
England/Hannover standen, konnte Johann Hartwig Ernst Dänemark den Frieden
erhalten; denn er hatte eine dänisch-schwedisch-russische Absprache erreicht, die der
englischen Flotte die Ostsee verschloß. Ebenso widerstand er aber dem französischen
Drängen auf Kriegseintritt gegen Preußen und England.
Während Johann Hartwig Ernst durch seine Politik ein friedliches Gleichgewicht des
Nordens schuf und dadurch großes Ansehen gewann, zog er sich den Zorn Friedrichs
d.Gr. zu, der ihn boshaft das "Orakel von Dänemark" nannte. Um ein Haar hätte aber
Dänemark doch zu den Waffen greifen müssen. Denn als 1762 Herzog Karl Peter
Ulrich von Holstein-Gottorp als Peter III. Zar von Rußland wurde, schickte dieser, der
ein schroffer Gegner Dänemarks war, sofort. ein russisches Heer nach Mecklenburg
und Holstein. - Die Wurzeln der Feindschaft zwischen Dänemark und Gottorp reichten
weit zurück. Im 16. Jahrhundert hatte das in Dänemark regierende Haus Oldenburg
eine Teilung Schleswig-Holsteins innerhalb der Familie vorgenommen. Dabei hatten
nicht einfach Schleswig und Holstein getrennt werden können; denn ihnen war schon
1460 durch König Christian I. zugesichert worden, daß sie "up ewig ungedeelt“ bleiben
sollten.