Seite 144
Andreas Gottlieb sie hatte. "Andreas Gottlieb wollte patriarchalisch und unumschränkt
regieren, wo Johann Hartwig Ernst die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht des
Menschen respektierte" (Aage Friis I 322). Aus dieser Einstellung heraus befreite er
lange vor der allgemeinen Bauernbefreiung - auf dem ihm vom König am 23.7.1764
geschenkten Landgut vor den Toren der Stadt, wo er das Schloß Bernstorff (Bild)
baute, aus christlicher Gesinnung und politischer Vernunft seine Bauern und hob 1765
ihre Frondienste zu Gunsten jährlicher Abgaben auf. Der Erfolg gab ihm recht: die
freien Bauern arbeiteten mehr und mit besserem Ertrag, weil sie Interesse an der
Kultivierung des Bodens hatten, und sie wurden reich durch den Export nach England,
das bei zunehmender Industrialisierung seine landwirtschaftliche Produktion vernachlässigte.
Schon wenige Monate nach der Übernahme seines Ministeramtes in Kopenhagen hat
Johann Hartwig Ernst sich endlich zur Heirat entschlossen. Am 27. Dezember 1751
heiratete er, nunmehr 39 Jahre alt, die erst 18-jährige, am 3. März 1733 geborene
Charitas Emilie v. Buchwald, (Bild) Tochter des holstein-gottorpischen Geheimrats und
Klosterprobstes von Preetz Friedrich v. Buchwald auf Trojeborg in Schleswig und
Borstel in Holstein, und seiner Ehefrau Henrica Emilia v. Holstein. Es ist auffallend,
daß Johann Hartwig Ernst, der doch begeisterungsfähig und gefühlvoll veranlagt war,
die Frage seiner Eheschließung nach rein verstandesmäßigen und wirtschaftlichen
Gründen behandelt hat. Sicherlich spielte dabei sein fortgeschrittenes Lebensalter eine
Rolle; er war wohl nach dem tätigen und leistungsstarken Leben, das er nun schon seit
seinem 20. Lebensjahr führte, auch reifer und innerlich älter als sonst ein Mann von
Ende 30. Jedenfalls beabsichtigte er, eine reine Vernunftehe zu schließen, und er
sagte offen: "Einer der Gründe, die mich zu einer Heirat bewegen, ist der Wunsch,
meine Creditoren zu befriedigen, ohne das Vermögen zu verringern, das ich von
meinen Vätern geerbt habe und das ich mich verpflichtet halte, mehr für das Eigentum
meiner Familie, als für das meine anzusehen. Hätte ich nicht diesen Zweck, auf
welchen Rechtschaffenheit und besondere von mir und meinem Bruder übernommene
Verpflichtungen mich hinweisen, und dem ich zwar nicht meine Ehre, und soweit ich es
voraussehen kann, meine Ruhe, aber doch einen Teil meiner Freuden und nicht
weniger wesentliche Neigungen und insbesondere meine Liebe zur Freiheit opfern
möchte, so würde ich nicht daran denken, mich mit einem Menschen zu verbinden,
den mein Herz nicht kennt."
Er überlegte genau, worauf es bei der zu erwählenden Frau ankommen müsse.
Ebenbürtige Abstammung betrachtete er als selbstverständlich, außerdem erwartete er
eine große Mitgift. Schönheit verlangte er nicht. Im Sinne seines Großvaters schrieb er:
"Die damit verbundenen Gefahren sind groß und unvermeidlich. Allzu viele Beispiele
beweisen, daß der Liebreiz des Gesichts schnell verschwindet und vergessen wird,
und daß viel mehr Ehen dadurch unglücklich als glücklich geworden sind." Anderseits
"wenn ihr Äußeres irgend etwas Abschreckendes hätte oder ihre Bewegungen aller
Anmut entbehrten, würde ich mich nicht darüber hinwegsetzen oder mich dazu
entschließen können, sie vorzustellen." Er wollte wissen, ob sie "rothaarig und ohne
Augenbrauen, korpulent und untersetzt sei, ob sie irgend einen auffallenden Fehler im
Gesicht habe oder einen boshaften, dummen oder nichtssagenden Ausdruck, mit
einem Worte, ob etwas lächer-