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Geißel, sondern der Trost unseres Lebens seyn sollte, und der, wenn er straft, mit den
Thränen der Verurteilten die seinigen mischt. Jeder Spruch in bürgerlichen Fällen war
ihm heilig. ... Immer blieb es sein unveränderlicher Grundsatz, daß ein Minister kein
Gesetzerklärer seyn müsse. Was ein Kollegium redlicher Männer gemeinschaftlich
durchgeforscht hat, wird selten ein einzelner Mann, auch mit vorzüglichen Gaben, auch
durch größere Geschäfte zerstreut, geduldiger, gründlicher prüfen, billiger und
gerechter entscheiden; und sobald man Urtheile durch Machtsprüche ändert, so sind
Freyheit und Eigenthum, die ersten Rechte des Bürgers dem Einfluß der Gewalt oder
der Gunst unterworfen" (Sturz).
Johann Hartwig Ernsts Lebensführung beschränkte sich nicht auf sein prächtiges
Stadtpalais, sondern der König hatte ihm auch gleichzeitig mit der Übergabe des
Bauplatzes für das Stadtpalais den "Fasanenhof" im Kirchspiel Gentofte nördlich der
Stadt in der Nähe des königlichen Schlosses Jagersborg und dicht bei dem großen
Tiergarten als Sommersitz geschenkt. Johann Hartwig Ernst hatte vom König dieses
Grundstück erbeten "zur Erholung meiner Gesundheit und Vermehrung der
Annehmlichkeiten meines Lebens". Er gab ihm gleich den Namen Bernstorff. Mit den
Jahren wurde dieser Grundbesitz erheblich erweitert, so daß ein Landgut daraus
wurde. In den ersten Jahren benutzte Johann Hartwig Ernst sein neues Bernstorff so
wie es war, obwohl das Haus weder groß noch herrschaftlich war. Er hatte zwar gleich
daran gedacht, hier mit der Zeit einen Neubau zu errichten, aber in den ersten Jahren
waren seine Möglichkeiten noch ganz durch den Bau des Stadtpalais in Anspruch
genommen. Nur den Fasanengarten begann er sofort umzugestalten, legte einen
großen Obst-, Blumen- und Gemüsegarten an und begann mit der Gestaltung des
großflächigen und großzügigen Parks, dessen weite Rasenflächen und herrliche
Baumgruppen wir noch heute bewundern und der so stark das hohe und weiträumige,
aber doch schlichte Lebensgefühl seines Schöpfers atmet.
Hier errichtete er nach einigen Jahren in gemeinsamer Planung mit dem Neffen
Andreas Peter das "Bernstorff-Slot". Wiederum nahm er sich französische Schlösser
zum Vorbild" auch das Belle-Islesche Sommerschloß, und zog den französischen
Architekten Jardin für den Bau heran. Bei der Auswahl des Bauplatzes achtete er
besonders auf freie Aussicht. Es wurde daher der höchste Punkt des nach Südosten
leicht abfallenden Geländes nordöstlich des Fasanengartens gewählt, von wo man
damals einen freien Blick auf den Sund hatte. Hier konnte Charitas Emilie Pfingsten
1760 den Grundstein legen. "Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen"
lauteten die Schlußworte der lateinischen Inschrift, die Johann Hartwig Ernst für den
Stein verfaßte. Und zu seinem Neffen Andreas Peter, den er schon damals als seinen
dereinstigen Nachfolger sah, äußerte er: "Gott lasse es uns in seiner Furcht bewohnen,
Dich und mich, in den Jahren, die es ihm gefallen wird, mir dazu noch zu gewähren
und zu bestimmen".
"In edler Schlichtheit", sagt Aage Friis (11, 247), "ragte der Bau zwischen den
Baumgruppen auf. Jardins Kunst hatte den Geschmack der Bernstorffs gut getroffen.
Trotz der Verschiedenheit des Stils liegt über diesem Bau die gleiche solide
Vornehmheit, die wir in Gartow, Stintenburg, Wotersen und Wedendorf