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protestierte: "Es liegt etwas Bestechendes darin, mitten in einem Garten zu bauen, ...
aber ... ich ziehe vor, so zu wohnen, daß meine Leute mich leicht erreichen können, da
wir einander alle Augenblicke etwas zu sagen haben. Dein Leben, lieber Bruder, hat
Dir Geschmack für Lustschlösser und für die kurzen Besuche der großen Herren auf
ihren Landsitzen gegeben." Er fand es besser, daß der künftige Herr auf Stintenburg,
so wohne, daß die Aufsicht über die Wirtschaft ihm und seiner Frau leicht werde.
Johann Hartwig Ernst zog es aber vor, das Haus abgesetzt vom Wirtschaftshof in den
Park zu setzen. Und wieder fragte er nicht viel nach den Kosten.
Johann Hartwig Ernst hat in seinem ganzen Leben immer über seine Verhältnisse
gelebt. Seine Mittel reichten nie, und er hatte immer erhebliche Schulden, obwohl
seine häufigen inständigen Bitten um Gehaltserhöhungen im Verhältnis zu den
Einkünften vergleichbarer anderer Staatsbeamter großzügig behandelt wurden. Es
gehörte eben zu seinem Lebensstil, die Möglichkeiten, die Kultur und Zivilisation der
Zeit boten, voll auszuschöpfen. Schon als 21-jähriger junger Gesandter in Dresden und
Warschau mußte er um Gehaltserhöhung bitten. Er brauchte Geld für teure Anzüge
und mußte seinen Haushalt mit Anstand führen. Für seine Übersiedlung mit dem Hof
nach Warschau nahm er 14 Diener an und kaufte 30 Pferde! Die Zahl der Pferde wird
ein wenig verständlich, wenn wir erfahren, (daß die Straßen in der Stadt Warschau so
schlecht waren, daß man nach einem Regen 6 Pferde vor der Kutsche haben mußte,
um von einem Ende der Stadt zum anderen zu kommen.
Schon Ende 1735 hatte er fast 20.000 Rthlr Schulden bei einem Jahresgehalt von
anfänglich 3000, später 4000 und zuletzt 6000 RthIrn. "Er war ein schlechter
Oekonom, und vor allem schonte er nie seine Börse, wo es galt, durch glänzende
Repräsentation, teure Kleidung oder flotte Wirtschaftsführung sein Ansehen zu
stützen. Seine Gewohnheiten und Bedürfnisse wurden in schneller Zunahme
kostspieliger, seine geistigen Interessen brachten es mit sich, daß er durch seine
Verbindungen in den literarischen Zentren Europas - in Paris, London und der Schweiz
- Bücher einkaufte; seine Kleider, Pferde, Wagen, Geschirr, Möbel und Porzellan, alles
sollte immer vom feinsten sein und wurde durch die ersten Lieferanten beschafft, wie
auch die ausgesuchtesten Weine, die er stets für seinen Tisch verschrieb" (Aage Friis).
Er konnte seine Aufwendungen nicht einschränken. Als Gesandter in Regensburg
(1739) unterhielt er einen kostspieligen Haushalt und gab Mittagsgesellschaften, deren
Ruf sich weithin verbreitete. Als er dann Gesandter beim Wahlkollegium der
Kaiserwahl in Frankfurt wurde, genoß er dort, wie wir aus dem Tagebuch von Terkel
Kleve wissen, "eine außerordentliche Reputation“; sein Auftreten wird als "brillant“
bezeichnet. Auch in Frankfurt führte Johann Hartwig Ernst ein großes Haus, auch hier
waren seine guten Diners berühmt. Terkel Kleve bewundert, daß alles auf dem damals
so teuren Porzellan serviert wurde. Es wimmelt von Dienern, und er fand, daß alles,
was "an eines Ministers Hof erforderlich ist“, hier "der Nation zur Ehre eingerichtet" sei.