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Den Höhepunkt seiner Lebensführung als Junggeselle erreichte Johann Hartwig Ernst
aber natürlich in Paris. Er verkaufte in Frankfurt einen großen Teil seines Hausrats,
den er aus Dresden oder Regensburg mitgebracht oder in Frankfurt angeschafft hatte.
Außerdem schickte er eine Menge Möbel und eine große Sammlung gemalter Portraits
nach Wotersen; es waren Bilder der Belle-Isleschen Familie und des Kaisers Karl VII.
dabei. In Paris richtete er sich ein Palais in der Rue Bourbon ein. Alles mußte vom
Besten sein, und ununterbrochen veränderte und erneuerte er in den folgenden Jahren
seine Ausstattung, wobei er der modernsten Geschmacksrichtung von Paris folgte. Er
schaffte sich auch eine große Bibliothek an, die von seinen französischen Bekannten
als außerordentlich wertvoll, ja unersetzlich bezeichnet wurde. Auch seine Sammlung
von gemalten Portraits und Kupferstichen, Karten und Medaillen vermehrte er stark.
Er sagte, als er Paris verließ, er wolle sich nicht über seine großen Schulden beklagen;
denn er habe das Geld nicht zu Luxus oder Vergnügungen ausgegeben, sondern nur,
um auf anständige Weise zu leben und seinem König zu dienen. Das war freilich eine
sehr subjektive Auffassung. Sein Bruder Andreas Gottlieb meinte, Johann Hartwig
Ernst sei in den '“train de vie des grands seigneurs", in den Lebensstil der großen
Herren, hineingekommen. Aber das war nun einmal der Stil der Johann Hartwig Ernsts
Natur entsprach.
Er hielt eine große Dienerschaft von 20-30 Personen, von denen viele schon in seinem
Haus alt und grau geworden waren. Die Diener führten ein Herrenleben, weil er es
nicht verstand, sie zu beaufsichtigen. Er lud oft und viele Gäste zu sich ein und liebte
einen guten Tisch und die vielen Raffinements der Pariser Küche.
Johann Hartwig Ernsts Lebensweise führte dazu, daß er gegen Ende seiner Pariser
Zeit dem Außenminister Schulin klagte, er habe in den Pariser Jahren 74.000 Rthlr
mehr gebraucht, als seine Gage betragen hatte, und insgesamt, seit er als dänischer
Diplomat ausgesandt worden war, habe er 150.000 Rthlr aus eigenen Mitteln
verbraucht. Aber alle Vorschläge Andreas Gottliebs zu größerer Sparsamkeit
fruchteten nichts. Erstaunlicherweise ist es Johann Hartwig Ernst aber doch gelungen,
die großen Schulden immer wieder durch Darlehen und letzten Endes durch die
Einkünfte aus seinen Besitzungen abzudecken, ohne eines der Güter veräußern zu
müssen. Seine Heirat, bei der er, wie wir sahen, auf eine große Mitgift geachtet hatte,
hat ihm sicherlich bei der Herstellung eines wirtschaftlichen Gleichgewichts in seiner
Lebensführung als Minister in Kopenhagen wesentlich geholfen.
Sein Kopenhagener Stadtpalais (Bilder 076 / 077) bot Johann Hartwig Ernst Raum zu
einer sehr ausgedehnten Haushaltsführung. Bis zu 70 Personen wohnten im Palais,
von denen die meisten in seinen Diensten standen. Von der Familie wohnten außer
seiner unverheirateten Schwester Elisabeth nach 1763 auch sein Neffe und späterer
Nachfolger Andreas Peter mit seiner jungen Frau mit im Hause. Zum weiteren
Hausstand gehörten Charitas Emilies Gesellschaftsdame, Johann Hartwig Ernsts
Privatsekretär, der Hausverwalter, der Kammerdiener, ein alter Lakai, ein Kutscher, die
zum Teil mit