Seite 152
Familie im Palais wohnten; dazu kamen 6 verheiratete Diener, deren Familien in der
Stadt wohnten, und 21 unverheiratete Diener, Kutscher und Küchenjungen, schließlich
mehr als ein Dutzend unverheirateter Haus- und Küchenmädchen. Im Frühjahr zog der
größte Teil dieses Hausstandes nach Bernstorff Slot hinaus.
Außer der Familie und der zahlreichen Dienerschaft hatte Johann Hartwig Ernst noch
stets Freunde um sich, wie Klopstock. der lange Jahre bis zur Vertreibung der
Bernstorffs bei ihnen wohnte. Vor allem ist hier auch Joachim Wasserschlebe
(1709-1787) zu nennen, Legationssekretär in Paris in Johann Hartwig Ernsts
Gesandtenjahren und später in Kopenhagen sein enger Mitarbeiter und Vertrauter. Er
war Junggeselle und durfte das Bernstorffsche Haus auch als das seine betrachten. 20
Jahre lang teilte er, der allmählich "zum fröhlichen Alten" und zu einem "lieben alten
Onkel" in der Bernstorffschen Familie wurde, Freud und Leid mit dem Bernstorffschen
Haus. Seit 1762 lebte im Hause auch der Legationssekretär in der Deutschen Kanzlei
und Privatsekretär Johann Hartwig Ernsts, Helfrich Peter Sturz (1736-1779), dessen
Erinnerungen an Johann Hartwig Ernst schon erwähnt wurden.
Lange Jahre, bis zur Vertreibung im Jahre 1770, lebte auch der 1754 geborene junge
Vetter Hans Bernstorff mit seiner um ein Jahr jüngeren Schwester Sophie bei Johann
Hartwig Ernst im Hause (s. Nr. 20, S. 84 ff. u. S. 83).
Über das Familienieben im Hause Johann Hartwig Ernsts schreibt Helfrich Peter Sturz:
"Die letzte Stunden des Abends war die angenehmste seines Tages. Diese brachte er
unter seiner Familie, mit seinen Hausgenossen und einigen Gelehrten in
Unterredungen zu. Klopstock, der Sänger Gottes und Freund und Liebling der
Menschen, der rechtschaffene geistvolle Cramer, der reine Lehre und unsträflichen
Wandel mit Witz und Munterkeit und ausgebreiteten Kenntnissen vereinigt, gehörten
mit zu diesem glücklichen Zirkel. Wir hingen alsdann an Bernstorfs Mund, und labten
uns mit Sokratischer Weisheit. Hier entfaltete sich sein Herz und sein Geist; der
Schleyer der Würde fiel nieder, und die erhabne Seele glänzte in ihrer eigenthümlichen
Schönheit: wir verließen ihn nie, ohne wärmer für die Tugend zu empfinden, ohne
unterrichtet oder gebessert zu seyn“.
Fast genau 20 Jahre hat Johann Hartwig Ernst die Geschicke des dänisch-
norwegischen Gesamtstaates in Händen gehalten. In diesen Jahren erwarb er in
solchem Maße die Anerkennung seines Königs, daß dieser ihn, und zugleich seinen
Bruder Andreas Gottlieb und dessen beide Söhne Joachim Bechtold und Andreas
Peter am 14. Dezember 1767 in den erblichen Grafenstand mit dem Rang als
lehnsbesitzende Grafen erhob, mit allen Privilegien der Lehensgrafen, doch so, "daß
das Recht der Anciennität, wie es durch die Privilegien der Grafen bestimmt ist,
beständig beobachtet werde."
Drei Jahre später brach die Katastrophe über Johann Hartwig Ernsts Lebenswerk
herein, und zwar tragischerweise aus dem Geist der Aufklärung, den er aus Frankreich
nach Dänemark gebracht hatte. Aber während bei ihm dieser Geist mit christlichen
Grundsätzen verschmolzen war, gelang es jetzt einem durchaus amoralischen Mann,
an die Macht zu kommen und das alte Regime