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Peter. Leisching verstand ihn besser als Münter, dessen Härte bei Andreas Peter fehl
am Platz gewesen war. Er weckte seinen Ehrgeiz, führte die Lernbegier und den
großen Wissensdurst Andreas Peters von der ursprünglichen Flüchtigkeit zu stetigem
Interesse und brachte ein so rasches Tempo in den Unterricht, daß Andreas Peter
später meinte, er habe damals in einem Jahr mehr gelernt, als er selbst oder sonst
jemand für möglich gehalten hätte.
An den geistigen Fortschritten Andreas Peters hatte offenbar auch der Onkel Johann
Hartwig Ernst großen Anteil. Schon Andreas Gottliebs Briefe an ihn spiegeln dessen
großes Interesse an den Neffen; und besonders Andreas Peter mit seinem von klein
auf großen Interesse für die Politik erweckte bei ihm große Erwartungen für die
Entwicklung dieses Neffen. Da Johann Hartwig Ernst damals nicht die Absicht hatte,
jemals zu heiraten, war Andreas Peter nach dem Familienstatut auch sein Erbe.
Andreas Peter seinerseits sah in dem Onkel in besonderem Maße sein Vorbild und
folgte mit glühendem Interesse dessen Berichten aus der großen Welt. Ein Besuch
Johann Hartwig Ernsts in Gartow im Jahre 1751 war der Beginn eines vertrauensvollen
Gedankenaustausches zwischen dem nun 16-jährigen Andreas Peter und dem Onkel,
der gerade sein Ministeramt in Kopenhagen angetreten hatte. In einem langen Brief
vom Juni 1751 fragt Andreas Peter ihn wegen seiner Zukunft um Rat.
Der Brief läßt in interessanter Weise schon die geistigen und moralischen Grundsätze
erkennen, die für Andreas Peters späteres Wirken auf der dänisch-deutschen und
europäischen Bühne maßgebend sein sollten. Er schreibt, daß ihm nichts mehr gegen
die menschliche Natur zu streiten scheine, als wenn man sich nicht einem Beruf
widme, in dem man mit Nutzen Gott, seinem Vaterland und sich selbst dienen könne.
In seiner frühesten Jugend habe seine Neigung ohne Schwanken dem Kriegerstand
gegolten. Später habe er vor seinem Geist die Menge der Versuchungen gesehen,
denen man darin ausgesetzt sei, und er habe daran gedacht, wieviel man dort gegen
seinen Willen tun müsse und wieviel, das gegen die Natur streite. Denn sei das ein
wirklich reines oder edles Vergnügen, zu sehen, wie viele tausend Menschen, die nicht
durch persönlichen Haß getrennt sind, sich unter einander morden, oder selbst dazu
mitzuwirken? Er habe daher seine Neigung bekämpft und bemühe sich, nicht mehr an
den Krieg zu denken. - Dann habe er beschlossen, sich zum Rechtsgelehrten
auszubilden. Der Gedanke, Recht zu sprechen, habe ihn entzückt und habe ihm kaum
Zeit zur Überlegung gelassen. Die Schwierigkeit des Studiums der Rechte, das fast ein
ganzes Leben und unendliche Arbeit verlange, hätte ihn nicht geschreckt. Aber der
Gedanke schrecke ihn, daß es ihm als Richter obliegen würde, "über Gut und Ehre, ja
über das Leben unserer Mitmenschen zu urteilen, wobei die kleinste
Unaufmerksamkeit, das geringste Mißverständnis, ja die unbedeutendste
Veranlassung uns Fehler begehen lassen können, die, wenn auch ungewollt, doch
umso verhängnisvoller sind, als sie nicht wieder gutgemacht werden können und uns
ewig währende Reue verursachen.“ - Das Leben der Hofleute schließlich oder derer,
die sich nur dem Vergnügen oder, richtiger gesagt, Nichtigkeiten hingeben, sei ihm nie
würdig genug erschienen, in Betracht gezogen zu werden. Auch das nur zu werden,
was man einen „Landjunker“ nenne, scheine ihm seiner Eltern und besonders des