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aber noch starke geistige Verbindung zu seinen Gesinnungsgenossen in Leipzig hielt.
Sein Messias hielt die Freunde in begeisterter Anbetung zusammen. Joachim Bechtold
und Andreas Peter kannten Klopstock ja schon von Gartow her und waren schon
dadurch mit dessen Leipziger Freunden verbunden.
Der Verkehr in diesem Kreis war einerseits von bürgerlicher Rechtschaffenheit,
anderseits von jugendlicher Ausgelassenheit geprägt. Man ging kameradschaftlich und
ungezwungen mit einander um, ohne Servilität gegenüber dem Adel. Auch Mädchen
nahmen an dieser jugendlichen Geselligkeit teil.
Für Andreas Peters Beurteilung der sozialen Verhältnisse wurde der bürgerliche
Charakter seines Leipziger Umgangs von großer Bedeutung. Die anderen jungen
Edelleute, die damals in Leipzig studierten, bewegten sich nicht in solchem Kreise,
sondern kamen nur selten mit bürgerlichen Kameraden zusammen. Joachim Bechtold
und Andreas Peter dagegen hatten fast gar keinen adeligen Umgang. Bei ihnen
begründeten die Eindrücke ihres Leipziger Verkehrskreises und der betont deutsche
Charakter der neuen literarischen Richtung eine Entwicklung, die gegenüber den
strengen Auffassungen des Elternhauses und auch den kosmopolitischen
Anschauungen Johann Hartwig Ernsts deutlich eine neue Zeit ankündigte, in der
fremde geistige Einflüsse gegenüber dem deutschen Geist zurücktraten. Äußerlich
prägte sich das darin aus, daß Andreas Peter mehr und mehr in seinen Briefen und
Aufzeichnungen von der französischen zur deutschen Sprache überging. An seine
Schwester Marianne schreibt er einmal aus Leipzig: „Laßt uns den heiml. Vorwurf
vermeiden, als wäre unsere Sprache nicht ebenso geschickt, unsere Gedanken leicht
und angenehm auszudrücken."
Andreas Peter hätte sich in Leipzig auch gern von der Perücke gelöst. Der Vater hatte
zwar in seiner Instruktion befohlen, daß die Jünglinge sich in Leipzig gleich das Haar
scheren lassen und eine Perücke anlegen sollten. In Leipzig aber hatte man damals
angefangen, sich von der Perücke zu lösen. Und Andreas Peter hätte, von Leisching
bestärkt, gern sein starkes ihm gut stehendes Haar behalten. Aber weder Leisching
noch der zur Unterstützung eingeschaltete Johann Hartwig Ernst erreichten eine
Erlaubnis Andreas Gottliebs, der streng an der hergebrachten Form festhielt. Das Haar
mußte fallen, und Andreas Peter kehrte mit Perücke aus Leipzig zurück.
Die Studien der Brüder in Leipzig hatten gegenüber den sonstigen dortigen Eindrücken
weit geringere Bedeutung für sie. Denn der Hofmeister Leisching versagte in Leipzig
vollkommen. Er war launisch und schwer erträglich, überließ die jungen Leute ganz
sich selbst und hörte schließlich auch auf, Briefe und Abrechnungen nach Gartow zu
schicken. Schließlich mußte Andreas Gottlieb selber nach Leipzig reisen, und dort
stellte er fest, daß Leisching den Söhnen mehr das Leben verbittert hatte, als daß er
ihnen eine Stütze und ein Führer gewesen wäre. Auch waren die Rechnungsbücher in
Unordnung, und es wimmelte von unbezahlten Rechnungen. Andreas Gottlieb
erreichte zwar eine gewisse Besserung der Verhältnisse und beließ Leisching noch in
seiner Stellung; aber die Ausbeute, die der Aufenthalt in Leipzig den Brüdern brachte,
verdankten sie weder ihm noch dem Studium an der Universität, sondern dem Einfluß
der Menschen, zu denen