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Politisch war die Lage für Andreas Peter in Paris nicht einfach. Der 7-jährige Krieg war
in vollem Gange, und Frankreich stand mit Österreich und Rußland gegen Preußen
und England - Hannover. Nach der für England - Hannover verlorenen Schlacht bei
Hastenbeck im Sommer 1757 fiel der größte Teil Hannovers in die Hände der
Franzosen, die bis in den Raum Gartow vordrangen. Bezeichnend aber für die
Kampfführung der damaligen Zeit ist es, daß Plakate mit der Aufschrift, daß das Gut
monsieur de Bernstorff gehöre, genügten, um das Wohlwollen der französischen
Offiziere zu wecken und Gartow vor übler Behandlung zu schützen. Aber das Schicksal
seines Vaterlandes bedrückte Andreas Peter doch sehr.
Es gehe ihm zu Herzen, schrieb er an Johann Hartwig Ernst, daß er sich inmitten der
Feinde des Vaterlandes befinde; seine Vernunft sollte zwar neutral sein, aber sein
Gefühl sei es nicht. Andreas Peter beobachtete die politische Szene genau und hatte
den Trost, daß der Krieg und das Bündnis mit Österreich in Frankreich unpopulär
waren. Andreas Peters politisches Interesse wuchs, und er hatte auch Anlaß dazu.
Denn Johann Hartwig Ernst bat ihn, sich jetzt noch mehr als bisher dem Studium der
Menschen und der Politik zu widmen. Er erklärte ihm rundheraus, daß er ihn nicht in
die staatsmännische Karriere einführen werde, wenn er nicht den Eindruck bekomme,
daß Andreas Peter sich auch wirklich dazu eigne. "Kopf und Herz zu haben, ist dafür
nicht genug, obwohl es die Grundlage für alles ist; es gehört auch Pünktlichkeit und
Liebe zur Arbeit dazu. Wenn Du eine dieser wesentlichen Bedingungen nicht erfüllst,
so magst Du zu tausend anderen Dingen geschickt sein, aber nicht zu der Laufbahn,
für die Dich meine Wünsche bestimmen, falls sie mit den Deinigen übereinstimmen."
So hart nahm der Onkel den Neffen in Zucht! Aber Andreas Peter nahm den Ansporn
auf, und seine Beziehung zu Johann Hartwig Ernst wurde von Jahr zu Jahr immer
fester.
Es wurde Andreas Peter nicht leicht, sich im August 1757 von Paris zu trennen. Der
weitere Weg führte ihn über Brüssel und Ostende-Dover nach England. Dort blieb
Andreas Peter nur gut 2 Monate. Da sein Aufenthalt in London in die tote Sommerzeit
fiel, in der verhältnismäßig wenig Menschen in der Stadt waren und der hohe Adel auf
seinen Landgütern saß, sah Andreas Peter sich mehr im Lande um, als er es in
Frankreich getan hatte. Nach Paris interessierte ihn London weniger als Land und
Leute in England. Seine englischen Sympathien erwachten wieder. Er fand, daß
England "von der Natur geliebkost“ sei, und fand es schöner als Frankreich. Er
besuchte einige Landgüter und sah berühmte Park- und Gartenanlagen. Am besten
gefielen ihm "die einfachsten, am wenigsten ausgeschmückten". In Norfolk, dem
damals am besten kultivierten Teil Englands, wurde sein Interesse für den Ackerbau
aus der Kinderzeit wieder geweckt. Aus Italien und Frankreich hatte er immer nur von
schlecht bestellten Feldern berichtet; hier aber fand er eine fortschrittliche intensive
Landwirtschaft. die bleibende Eindrücke und Anregungen bei ihm hinterließ.
Die größte Bedeutung aber, die der Londoner Aufenthalt für Andreas Peter hatte, lag in
seiner Begegnung mit dem 70-jährigen Geheimen Legationsrat v. Schrader, der schon
seit Andreas Gottlieb d.Ä., also durch 3 Generationen, ein Freund der Bernstorff-