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zeitlebens nie damit beschäftigt hatte und nichts davon verstand, auch kein Interesse
dafür hatte und die Verwaltung seiner deutschen Güter seinem Bruder Andreas
Gottlieb überlassen hatte. Andreas Peter dagegen hatte in seinem Vater ein Vorbild
sowohl in der Bewirtschaftung der zahlreichen Güter wie in der menschlichen
Behandlung der Bauern gehabt. Er hatte dann auf seinen Reisen mit wachen Augen
die landwirtschaftlichen Verhältnisse in den einzelnen Ländern beobachtet, hatte in
Italien und Frankreich gesehen, wie ein unfreies Bauerntum verarmte und die
Landwirtschaft zugrunde ging, während er in England das Blühen eines intensiv
betriebenen Ackerbaus sah. Er war sich schon damals dessen bewußt, daß er einmal
einen Teil des großen Grundbesitzes der Familie erben würde, und er hat, wie er
selber sagte, "den unwiderruflichen Entschluß gefaßt, das ihm anvertraute Gut einmal
in solchen Stand zu setzen und seine Bewohner so glücklich zu machen, wie es nicht
nur seine Pflicht vor Gott, sondern auch sein innerstes Verlangen von ihm forderten".
Seine Einstellung beruhte im tiefsten Grunde auf der tiefen Verehrung der Natur, wie
sie den damaligen Zeitströmungen entsprach und besonders in der Gedankenwelt
Rousseaus und des im Bernstorffschen Kreise lebenden Klopstock ihren Ausdruck
fand. Rousseaus Werk mit der Philosophie des "Zurück zur Natur" war gerade 1750
erschienen. Bei den Bernstorffs und Klopstock kam noch die tiefe Religiosität dazu.
Jeder Blick in die Natur zeigte ihnen Gottes reiche und gnädige Gaben und rief
Gefühle der Dankbarkeit und der Andacht hervor. Keine Stunde am Tage war den
Bernstorffs lieber als die, die sie in der Natur verbringen konnten. Sie waren sich der
tiefen Verantwortung eines jeden bewußt, der ein Stück von Gottes reicher Natur zu
verwalten hat. Für alles, was einem Gutsbesitzer anvertraut war, es sei Bauer, Tier
oder Land, würde er sich vor Gott rechtfertigen müssen, ob er es gut oder schlecht
verwaltet habe.
Aus solcher Haltung ergaben sich Überlegungen sowohl hinsichtlich einer möglichst
zweckmäßigen und ertragreichen Bewirtschaftung wie hinsichtlich der Verhältnisse der
anvertrauten Bauern. Und dabei zeigte sich für Andreas Peter im Gegensatz zu den
damals landläufigen Anschauungen der landbesitzenden Kreise, daß eine
Verbesserung der Lage der Bauern auch dem wirtschaftlichen Ertrag des Gutes zugute
kommen mußte, während ein unterdrücktes, ungebildetes und an der Arbeit nicht
interessiertes Bauerntum zugleich auch die Lage des Grundherrn beeinträchtigte.
Andreas Peter verfaßte damals eine kleine Abhandlung „Über die Pflichten eines
Gutsbesitzers“. Der Grundgedanke dieser Schrift war, daß der Gutsbesitzer ein Vater
seiner Untertanen sein solle. "Sie sind ihm auf die Seele gebunden", er habe für sie die
Verantwortung. "Ich soll sie glücklich machen; das fühle ich, und wehe mir, wenn ich
das versäume". Man spürt die patriarchalische Herrschaft und Religiosität des
Gartower Elternhauses. Der Gutsbesitzer solle, schreibt Andreas Peter, durch
praktische Maßnahmen den moralischen und physischen Stand der Bauern
verbessern; die Kindersterblichkeit müsse verringert werden, und die Kinder sollten gut
erzogen werden. Die moralische Besserung würde die politische und wirtschaftliche
unmittelbar nach sich ziehen. Deshalb bezeichnete Andreas Peter neben dem eigenen
Beispiel des Gutsherrn die Anstellung tüchtiger Pastoren