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Sommerschenburg haben sie ihn besucht. - Zu ihrem Verkehrskreis gehörte auch
Wilhelm v. Humboldt (1767-1835), den sie schon in Wien als preußischen Gesandten
kennengelernt hatten und der jetzt preußischer Innenminister war. Sie waren seine
Gäste im Schloß Tegel, das damals weit vor den Toren Berlins lag und nur durch tiefe
Sandwege zu erreichen war. - Alexander v. Humboldts Vorlesungen waren eine
besondere Attraktion der Universität.
Am engsten aber waren sie mit den Familien Clausewitz und Radziwill verbunden. Der
General Karl v. Clausewitz (1780-1831) der berühmte Militärwissenschaftler und
Verfasser des Werkes "Vom Kriege", war damals Direktor der Allgemeinen
Kriegsschule, der späteren Kriegsakademie, in Berlin. Mit ihm und seiner Frau Marie
geb. Gräfin Brühl verband Christian Günther und Elise eine Freundschaft, die sie, wie
Elise schreibt, 15 Lebensjahre hindurch immer wachsend begleitet hat. Als Clausewitz
1831 als Stabschef Gneisenaus nach Posen versetzt wurde, erwähnt Elise in ihrem
Buch den Abschied von dem treuen Freund als besonders schmerzlich, "dessen
ganzes Leben mit dem unsrigen verknüpft war, der nur glücklich in unsrem Haus, in
unsrem Kreise war".
Die Familie Radziwill war jahrelang der Nachbar in der Wilhelmstraße, wo sie das
Palais Nr. 77, die spätere Reichskanzlei, bewohnte. Fürst Anton Radziwill (1775-1833),
dessen Haus ein Mittelpunkt der Künstlerwelt war und der auch selbst komponierte, so
eine Musik zu Goethes Faust, war mit Louise von Preußen, einer Tochter von
Friedrichs d.Gr. jüngstem Bruder Ferdinand, verheiratet. Die Bernstorffschen und
Radziwillschen Kinder spielten zusammen und waren eng mit einander befreundet,
besonders die Prinzessin Elise mit der gleichalterigen Henriette, der ältesten der 6
Mädchen im Bernstorffschen Hause. So haben Christian Günther und Elise das
Schicksal der Liebe zwischen dem Prinzen Wilhelm, dem späteren Kaiser Wilhelm I.,
und der jungen Prinzessin Elise Radziwill (1803-1834) aus nächster Nähe miterlebt.
Christian Günther gehörte auch der Kommission an, die unter dem Vorsitz des Königs
die Frage der Ebenbürtigkeit der Prinzessin entscheiden sollte. Christian Günther
konnte vom Rechtsstandpunkt aus die Frage nur verneinen, obwohl er von Herzen
wünschte, daß der König aus eigener Machtvollkommenheit die Heirat erlauben werde,
wozu er sich aber bekanntlich nicht hat entschließen können. - Elise schreibt, die
Radziwills seien ihnen lange Jahre hindurch die treuesten Nachbarn und liebevollsten
Freunde gewesen.
Christian Günther war von sehr zarter Gesundheit. Die mit den politisch unruhigen
Zeiten für ihn verbundene starke Arbeitsbelastung setzte seiner Gesundheit daher
stark zu. Mehrmals mußte er seine Tätigkeit wegen heftiger und langwieriger
Krankheitszeiten unterbrechen. Vor allem die Gicht war es, die auch ihn wie seinen
Vater seit früher Zeit immer wieder befiel. Schon in seinen jungen Jahren, in seiner
Kopenhagener Ministerzeit, hatte sie ihn - damals sprach man von Podagra -befallen
und gequält. In den inzwischen vergangenen Jahren hatte er weniger damit zu
schaffen gehabt, aber jetzt in Berlin trat die Gicht nach wenigen Jahren wieder auf und
bereitete ihm quälende schmerzhafte Krankheitszeiten. Wenn er irgend konnte, führte
er seine Amtsgeschäfte auch vom Bett aus. Aber schon 1824 äußerte