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Und als später die deutsche Gemeinde sich gründete und unter Elises Augen
aufblühte, wandte sie auch dieser ihr vollstes Interesse und dem jungen Pfarrer Mader
mütterliche Freundschaft zu. Aber auch nach außen entfaltete sie einen regen Verkehr
zu anderen Menschen, denen sie noch einmal die ganze Fülle ihrer Gaben und ihres
warmen Herzens zuwandte. Daneben unterhielt sie auch eine ausgedehnte
Korrespondenz. Sie stand noch im späten Alter sehr früh auf und zündete ihr
Kaminfeuer selber an, um den Schlaf ihrer Dienerschaft nicht zu stören. Dafür legte sie
sich abends zeitig schlafen.
In den ersten Jahren reiste sie im Sommer jeweils noch in die deutsche Heimat, um mit
ihren Lieben vereint zu sein. Als ihr bei vorrückenden Jahren das Reisen zu
beschwerlich wurde, bewohnte sie während der heißen Monate des Jahres eines der
vielen in schattigen Gärten liegenden Landhäuser in der Nähe von Nizza. Nizza wurde
der Zielpunkt der Wünsche ihrer Angehörigen; ihre und des Schwagers Joachim
Enkelinnen haben zuweilen Monate bei ihr zugebracht. Dreimal zog die Tochter Thora
Bussche mit den Töchtern für den ganzen Winter zu ihr nach Nizza. Joachims
Enkelinnen waren ja praktisch auch die ihren, weil sie Joachims Töchter nach dem
frühen Tod der Mutter ganz zu sich genommen hatte.
Elise erlebte in den Nizzaer Jahren noch die zahlreichen Heiraten der vielen Enkel, die
sie von ihren beiden Töchtern und den 3 Pflegetöchtern hatte, und sie behielt bis zu
ihrer letzten Krankheit ihre volle geistige Frische, wenn auch körperliche Leiden sie in
den letzten Jahren vielfach heimsuchten. Im Herbst 1867, 80 Jahre alt, erkrankte sie
schwer, und am 1. November 1867 starb sie, umgeben von ihrer Tochter Thora und
zwei Enkelinnen, die den Winter mit ihr zuzubringen gehofft hatten. Sie fand ihre letzte
Ruhe auf dem kleinen evangelischen Friedhof auf der Höhe des Nizzaer
Schloßberges.
Christian Günther und Elise hatten 3 Töchter, durch deren älteste sie die Ahnen einer
zahlreichen Nachkommenschaft wurden. Drei Söhne waren, wie damals so häufig, als
Kinder gestorben, nämlich Alfred, geboren in Kiel am 2.7.1807, nach 2 Tagen
gestorben, abermals Alfred, geboren in Wien am 16.4.1814 und gestorben in Kiel am
4.4.1817, schließlich Leopold, geboren in Berlin am 2.4.1824, gestorben am 4.7.1827
an Keuchhusten. Die drei Töchter waren:
a) Thora, geboren in Kopenhagen am 18. März 1809. Sie heiratete am 8.3.1828 zu
Berlin Julius Freiherrn (seit 15.10.1840 Graf nach dem Recht der Erstgeburt) v. dem
Bussche-Ippenburg gen. v. Kessel, Fideikommißherrn auf Ippenburg und Herrn auf
Hackhausen, kgl. preußischen Landrat, geb. Düsseldorf 30.1.1805, † Ippenburg
17.1.1861, mit dem sie nicht weniger als 9 Kinder hatte. Ihre Tochter Adelheid
heiratete ihren Vetter 3. Grades Joachim Bernstorff auf Gartow. Die anderen 5 Töchter
heirateten in die Familien Reichmeister, Reventlow, Schale und Roeder; nur die
Tochter Elise, die Herausgeberin des erwähnten Buches, blieb unvermählt. Thora hatte
36 Enkel und 60 Urenkel. Ihre weitere Nachkommenschaft geht in die Hunderte. Sie
starb in Karlsbad am 16.6.1873.