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erfüllt sind. In einem der Briefe schreibt er: "Es gibt für mich keinen größeren Genuß
als Briefe von meinen Kindern zu erhalten, die mir sagen, daß es ihnen wohl gehet,
und in denen ich den Abdruck ihrer mich beglückenden Liebe finde". Bis auf einen
Brief aus Stintenburg sind die Briefe in Wien geschrieben, der erste im Sommer 1823
aus dem "schönen Landsitze, mitten in der freundlichsten Gegend", den Joachim in
Hacking bei Wien bezogen hatte. Das Leben in Bergen und Wäldern sprach ihm, wie
er schreibt, sehr zu.
Der Wiener Hof verbrachte damals jeweils einen Teil des Jahres in dem zu Österreich
gehörenden Oberitalien, und zwar in Mailand, und auch Joachim begleitete als
dänischer Gesandter den Kaiser Franz II. dorthin. Er schreibt im Sommer 1825 von
Bällen und Hoffesten in Mailand und von kleinen Touren in die umliegende Gegend.
Besonders aber hebt er "eine gar schöne und interessante" Reise nach Genua hervor.
Mit ein Grund für diese Reise war: "auch verlangte mich darnach, das Mittelländische
Meer wiederzusehen und Seeluft zu athmen, an die wir Dänen verwöhnt sind wie die
Schweitzer an ihre Berge." "Ich bin auch durch die wundersam schöne Lage von
Genua und durch die vielen interessanten Eigenthümlichkeiten dieser prachtvollen.
Stadt für diese Reise reichlich belohnet worden".
An Mariannes Hochzeit am 9. Juni 1827 konnte er wegen der großen Entfernung nicht
teilnehmen; er mußte sich auf einen sehr liebevollen Brief aus Hitzing bei Wien
beschränken. "Du weißt, was es mir wäre, Dich heute in meine Armen zu schließen,
aber Du weißt auch, daß ich mir keine Gedanken an die Verwirklichung dieses
Wunsches erlauben durfte. Anwesend aber oder abwesend, ist es mir ein Tag der
schönsten und beglückendsten Feyer. Mein ganzes volles Herz ist mitten unter Euch.
Gott sey mit Dir, mein unaussprechlich geliebtes Kind". Als Marianne am 9. April 1829
ihre kleine Tochter Bertha bekam, schrieb Joachim ihr am 11. Mai aus Wien in
überschwänglicher Freude über dieses Enkelkind und dankte ihr "für die
unaussprechliche, die unnennbare Freude, die mir durch Dich ist bereitet worden, und
in der ich, Dein liebes Bild immer vor der Seele, diese letzten Wochen, die ich zu den
glücklichsten meines Lebens rechne, zugebracht habe."
Um so mehr können wir Joachims Schmerz nachempfinden, als diese so geliebte
Tochter Marianne im Jahre 1831 im Alter von nur 26 Jahren starb. Wenige Jahre
später starb er selber am 28. Okt. 1835 in Cismar i. Holstein, nur 7 Monate nach
seinem Bruder Christian Günther.
Joachim hatte in seinem Leben, ebenso wie alle Bernstorffs seiner näheren
Verwandtschaft, sehr unter Gicht zu leiden. Im Sommer 1824 schreibt er aus
Stintenburg an Marianne, daß er dort wieder mit Gichtschmerzen angekommen sei und
über 14 Tage lang das Zimmer habe hüten müssen. "Jetzt bin ich fast hergestellt, gehe
schon wieder etwas aus, muß aber doch noch mehr zu Kräften kommen, bevor ich
weiter reisen kann."
Was aus dem großen Grundbesitz geworden ist, den Joachims Frau Sophie ihm in die
Ehe eingebracht hatte, ist nicht bekannt.