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Ein Jahr später wechselten die Brüder zur Universität Göttingen über und wurden hier
am 3. Mai 1753 als Studierende der Jurisprudenz immatrikuliert. Hier blieben sie noch
3 Semester zusammen. So verschieden sie waren, hielten sie fest zusammen, und
Johann Hartwig Ernst wies Andreas Peter wiederholt darauf hin, wie unendlich wichtig
"das zärtlichste und innigste Verhältnis" zu seinem Bruder sei. "Möge Dich nichts
davon abwendig machen". "Dies Verhältnis ist bei den Bernstorffs schon lange ein
inniges gewesen, und es ist eine der großen Segnungen, die Gott Deinem Urgroßvater
und seinen Brüdern und Deinem Vater und mir gegeben hat. Möge es sich unter uns
vererben und uns nie verlassen, solange unser Name und Geschlecht besteht." Aber in
den Studien der Brüder zeigte sich, daß Andreas Peters Fleiß sich auf alle Gebiete
verbreitete; "er liebt die schöne Literatur, er verschlingt Bücher, und seine
wissenschaftliche Arbeit ist glänzend", "die Studien des Älteren beschränken sich
dagegen auf wenige Fächer, aber auf diesen Gebieten leistet er mindestens
ebensoviel", urteilt der Vater. Joachim Bechtold, dessen Zukunft ja festlag, der einmal
der Herr auf Gartow sein sollte, aber auch hannoverscher Beamter sein wollte, legte
naturgemäß das Hauptgewicht auf das Studium des Gemeinen deutschen und
braunschweigisch - lüneburgischen Zivil- und öffentlichen Rechts und ließ die
allgemein bildenden Studien links liegen. Aber die Rechtswissenschaft betrieb er mit
großem Eifer, das Leben der Universität erfüllte ihn sehr, und sein wissenschaftliches
Interesse war eigentlich größer als das Andreas Peters. Das ging so weit, daß Joachim
Bechtold - etwas für damalige Zeit bei einem Junker Ungewöhnliches - beschloß, zum
Doktor der Jurisprudenz zu promovieren. Er hatte schon von Leipzig aus den Vater um
seine Erlaubnis hierzu gebeten. Diesem war es sehr zuwider, daß sein Sohn wie ein
Bürgerlicher, der sein Brot mit seinen Kenntnissen zu verdienen genötigt sei, nach
dieser "pedantischen und kostbaren akademischen Ehre" strebte. Vergeblich
versuchte er, Joachim Bechtold davon abzubringen. Unter anderem stellte er ihm vor,
daß es aussehen könnte, als ob er durch den Dr. iur. den schwereren Prüfungen
entgehen wolle, welche man beim Eintritt in die hannoverschen Regierungskollegien
ablegen mußte, von denen aber die Doktoren dispensiert waren. Es half nichts;
Joachim Bechtold schrieb eine noch vorhandene Doktorarbeit über das Thema "De
iure successsionum apud veteres Germanos“ nach Tacitus Germania Cap.XX, (also
etwa "Von dem Erbfolgerecht bei den alten Germanen"). und am 4. Juli 1754 bestand
er sein Doktor-Examen mit rühmlichem Zeugnis. Am 16. Dez. 1754 wurde ihm der
Grad eines Doctor iuris utriusque verliehen.
Seine akademische Laufbahn war damit zu Ende. Aber als er nunmehr eine Anstellung
in den Kollegien zu Hannover suchte, machte er von der Dispensierung von den
Prüfungen keinen Gebrauch, sondern unterzog sich einem nach seiner Aussage sehr
strengen Examen beim Oberappellationsgericht in Celle. Er mußte zwei große
schriftliche Abhandlungen, eine von 200 und eine von 400 Seiten, verfassen und
wurde einer scharfen mündlichen Prüfung unterzogen, die er aber mit gutem Zeugnis
bestand. Er wurde daraufhin am 8.1.1755 zum supernumerären Hofrat und, nachdem
er eine Zeitlang Volontärdienste in den Regierungskollegien geleistet hatte, am
30.3.1756 zum Kammerrat in Hannover ernannt. Er entwickelte sich jetzt nach seines
Vaters Aussage