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nicht mehr gewesen sein, nachdem sein Ausscheiden 4 Jahre zurücklag. Vielmehr wird
es sich um die Schäden gehandelt haben, die Wedendorf in der Franzosenzeit durch
die französische Besatzung erleiden mußte.
Denn diese Zeit fiel in die ersten Jahre Ernsts in Wedendorf. im Ratsarchiv in Rehna i.
Meckl. liegen Requisitionsanforderungen von Bürgermeister und Rat der Stadt Rehna
an die "Hochedelgebornen, Hochzuverehrenden" Herren der löblichen
Gutsadministration zu Wedendorf und die Antworten der zur gräflich v. Bernstorffschen
Gutsadministration verordneten Unterzeichner Menneke, Fischer und Schrödter aus
dem November 1806. Rehna fordert die Lieferung von 2 Schlachtochsen, was aber in
der Antwort der Gutsadministration an die "wohl- und hochedelgebornen, höchst und
hochzuverehrenden Herren" des wohllöblichen Magistrats abgelehnt wird, da vom
Schlachtvieh nichts weiter übrig geblieben sei, "als zu unserer und unserer verarmten
Gutsuntertanen eigener Subsistenz” notwendig sei. Rehna sieht sich daraufhin
genötigt zu antworten, daß, "wenn aus den so großen Wedendorfer Gütern unsre
Requisition fernerweit abgelehnt werden sollte, es nur dem besorglichen Untergang der
hiesigen Stadt, welchen wir abzuwenden pflichtig, zuzuschreiben seyn wird, daß wir
uns wider unsern Wunsch bestimmen werden, sobald französisches Militär hier
einrückt," dasselbe unter Vorzeigung der aus Wedendorf erteilten Ablehnung zu
"motivieren", in die gräflichen Güter einzurücken oder den Notbedarf zu ihrer
Subsistenz daher holen zu lassen, weil den armen Rehnaern nicht einmal mehr für den
eignen Lebensunterhalt genug Nahrungsmittel verblieben sind. Das veranlaßte die
Gutsadministration, noch am gleichen Tage zu antworten und auf die "mit so vieler
Bereitwilligkeit nach Schwerin, Gadebusch und besonders nach Rehna geleisteten
äußerst beträchtlichen Lieferungen" zu verweisen. Immerhin erklärt man sich jetzt
bereit, "falls die Noth, die jetzt doch nur noch droht, wirklich eintritt, wenigstens noch
einen der heute requirirten 2 Ochsen herbeizuschaffen". Die Belastung wird sicherlich
damals sehr drückend und ein verständlicher Anlaß für Ernst gewesen sein, "übler
Laune" zu sein.
Ernst hat aber ganz offenbar einen sehr schwierigen Charakter gehabt. Wir sind über
ihn ziemlich genau unterrichtet durch die Briefe, die die Gräfin Schlitz, seine "treue,
vortreffliche und vieljährige Freundin", in den Jahren 1805 bis 1819 an ihren Vater Graf
Goertz gerichtet hat. Sie schreibt z. B. (1806): "Armer Bernstorff, geboren unter so
glücklichen Auspizien, hindert sein Charakter ihn, es jemals zu sein", oder (1811):
"nein, er ist nicht liebenswürdig, er kann es nach seinem Wesen nicht sein". Er wird als
ein egozentrischer Griesgram dargestellt. Er glaubt immer, daß es ihm schlechter gehe
als allen anderen, ist unglücklich (wie auch Friedrich in der berichteten Tagebuchnotiz
schreibt) und glaubt sich mehr bestohlen als andere.
Er ist pedantisch und mürrisch. Die geringste Unordnung ist ihm unerträglich. In den
Jahren der Neueinrichtung Wedendorfs regt ihne jede Kleinigkeit, ein Fleck auf dem
Fußboden, ein Kratzer auf einer Wandmalerei, so auf, "daß er mir", schreibt Gräfin
Schlitz 1817 (also bevor Pellicia mit seiner Arbeit begonnen hatte), "in seinem eignen
Hause für die Freundschaft verloren schien". "Es scheint mir auch, daß die Reizbarkeit
seiner Eigenliebe und die Griesgrärnigkeit seines Charakters noch stark zugenommen