Seite 225
der Erziehung voll entschädigt worden. - Von Amerikas schlechter Gesundheit ist auch
später die Rede. Im Sommer 1812 hatte man sie auf Anis-Milch (lait d'anesse) gesetzt,
von der sie täglich 30 Tassen trinken mußte (!), und Ernst war sehr beunruhigt, weil sie
sehr leidend war. Im Dezember 1812 heißt es, Ernst habe großen Kummer gehabt,
seine Frau sei gefährlich krank gewesen. Im Februar 1813 machte sie in Berlin eine
Kur unter den Augen eines vertrauenswürdigen Arztes. Im Ganzen scheint es sich aber
doch nur um vorübergehende Krankheitszustände gehandelt zu haben. Denn es
besteht in der Familie keine Überlieferung in der Richtung, daß Amerika kränklich
gewesen sei.
Die Briefe der Gräfin Schlitz geben auch Auskunft über das Verhältnis von Ernst und
Amerika zueinander. Gräfin Schlitz hat nach einem Besuch in Wedendorf den Eindruck
(1811), daß Arnerika gar nicht bereit sei, so blind die Ansichten ihres Mannes zu
unterschreiben und daß sie im Hause eine viel größere Autorität genieße, als die
Gräfin Schlitz gedacht hatte; alles in allem scheine sie im wesentlichen zu tun, was sie
wolle. Ein Jahr später ist davon die Rede, daß die Familie den Winter in Berlin
verbringen wolle. Gräfin Schlitz zweifelt nicht daran, denn letztlich setze der Wille
Amerikas sich immer durch. In einem anderen Brief aus derselben Zeit schreibt sie
über Ernst: "Er liebt seine Frau und erweist ihr, jedenfalls in meiner Gegenwart, bei
jeder Gelegenheit viel mehr Gefälligkeiten und Aufmerksamkeiten, als ich ihn für fähig
gehalten hätte." Die Kindererziehung überlasse er, wie bereits erwähnt, im
wesentlichen ihr. In anderen Briefen ist aber auch von allerlei Streitigkeiten zwischen
den Eheleuten die Rede; "man streitet sich ebenso sehr, wie man sich trotzdem liebt",
heißt es da; oder "was es an Glücklichem gibt, ist fast das einzige, worüber Mann und
Frau sich einig sind".
Bei allem Pessimismus über seine angeblich mißliche wirtschaftliche Lage und allen
Klagen über das Unglück, das ihn mehr als andere verfolge, konnte Ernst schließlich
doch auf ein erfolgreiches Lebenswerk zurückblicken. Und in dem stolzen
Selbstbewußtsein, das ihm eigen war, schrieb er in einer letztwilligen Anordnung, die
er 1833 seinem bereits früher aufgesetzten Testament hinzufügte, daß er seine
Gemahlin (Witwe) und Kinder auffordere, bei der Erfüllung seines Testaments zu
bedenken, "daß ich - zwar hauptsächlich durch Gottes Segen, aber doch auch durch
ämsiges Würken - (im Erhalten und Verbessern) denjenigen Wohlstand begründet
habe, welchen ich ihnen zu hinterlassen hoffen darf." In dieser Anordnung wünscht er,
daß seine Leiche mit dem geringsten Gepränge und Aufwand, den der gute Anstand
zuläßt, beerdigt werde. Er ordnet die baldmöglichste Durchsicht aller seiner
Privatpapiere in Wedendorf, Berlin und Gartow an und die Vernichtung alles dessen,
was für die kommenden Generationen keinen Wert mehr hat.
Sieben Jahre später ist Ernst am 2. März 1840 in Gartow im Alter von fast 72 Jahren
gestorben und dort beerdigt. Amerika hat ihn um 16 Jahre überlebt; sie starb erst am
17. Mai 1856 in Wedendorf, 76 Jahre alt. Sie ist in Kirch-Grambow, dem für Wedendorf
zuständigen Kirchdorf, beerdigt worden. Ihr Grab ist noch erhalten, aber unter den
heute herrschenden Verhältnissen natürlich ungepflegt.