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dann bald darauf eine Anstellung als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter beim Thünen--
Institut in Rostock, bis er 1949 nach Westdeutschland flüchtete und zunächst beim
Bruder Werner in Bergen Kr. Celle Unterschlupf fand. Von hier aus fand er eine
Anstellung bei den landwirtschaftlichen Forschungsanstalten in Braunschweig
Völkenrode, wo er im Bodengesundheitsdienst arbeitete. Hier, oder noch in Rostock,
schrieb er eine 67 Maschinenseiten umfassende Arbeit über "Die Gipsdüngung in
Mecklenburg", die aber nicht veröffentlicht wurde. In Braunschweig veröffentlichte er in
den Jahren 1952 bis 1954 in der Zeitschrift Versicherungs- Wirtschaft 3 Aufsätze über
Heubrände. Von Braunschweig aus ging er in der gleichen Arbeit vorübergehend nach
Bonn und schließlich mit Professor Priebe nach Frankfurt. Dort hat er einige Jahre
gearbeitet, bis er 1969 in den Ruhestand trat. Mit Hilfe von Flüchtlingskrediten hatte er
in Wienhausen ein Baugrundstück erworben, auf dem er unter finanzieller Beteiligung
der Geschwister Anni und Andreas ein Wohnhaus als Nebenerwerbssiedlung baute, in
das er Ende 1969 mit Anni einzog. Seine Hoffnung, hier mit Anni noch einen längeren
glücklichen Lebensabend verbringen zu können, wurde durch den Tod zunichte
gemacht, der ihn durch Herzschlag in der Nacht zum 7. März 1971 in Celle bei
Rückkehr vom fröhlich gefeierten Stiftungsfest der Vandalen ereilte. Er hat seinem
Wunsch entsprechend seine letzte Ruhestätte auf dem Familienfriedhof in Gartow
gefunden.
Christian war ein tief religiöser sehr innerlicher Mensch, der sich nur schwer nach
außen erschloß. Er war sehr musikalisch und spielte gut Klavier, war aber kaum zum
Vorspielen zu bewegen, weil sein Spiel den Anforderungen, die er an sich selber
stellte, nicht genügte. Die geistigen, insbesondere religiösen Fragen der Zeit
beschäftigten ihn sehr. Dem Johanniterorden gehörte er seit 1955 als Ehrenritter an
und war gerade zum Rechtsritter ernannt worden, als er starb. In den ersten Jahren
nach 1945 hat er sich auch stark mit Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands
beschäftigt und darüber längere Ausarbeitungen gemacht. In jüngeren Jahren zeigte
sich bei ihm auch eine dichterische Ader. Für die Aufführungen bei den großen
Familienfesten der zwanziger Jahre hat er manches wertvolle Gedicht beigetragen. Im
Ganzen war er kein Mann der mündlichen Rede, und das Wort stand ihm nicht so sehr
zu Gebote. Dagegen war er ein Meister des schriftlichen Ausdrucks. Seine
Lebenserinnerungen, die die Zeit bis 1949 umfassen und mehr als 60 enge
Maschinenseiten füllen, sind ein fesselndes und bewegendes Zeugnis der Geschichte
Wedendorf-Bernstorfs in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts und mindestens für
diesen Zweig der Familie von unschätzbarem und bleibendem Wert. Er hat außerdem
noch einen nicht weniger bewegenden Bericht über die Ereignisse von 1944-1949 im
Umfang von 50 Seiten und schließlich eine Würdigung des Vaterbruders Andreas mit
einer zusammenfassenden Übersicht von dessen Tagebüchern hinterlassen.
b) Joachim (Jochim) Wilhelm Andreas Traugott, geboren in Bernstorf am 23. März
1904. Auch er besuchte vom Alumnat aus das Gymnasium in Doberan, und zwar von
1916 bis zum Abitur 1923. Dann folgte er Christian nach Heidelberg zum Corps
Vandalia, dessen Zweitchargierter er wurde. Anschließend studierte er Maschinenbau,
in München bis zum Vorexamen und in Hannover bis zum Diplom-Hauptexamen 1930.
Als er danach bei der damaligen großen Arbeitslosigkeit keine Anstellung fand,