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ausgeschlossen. Die Bemerkung Andreas Gottliebs zeigt, wie sehr man damals ohne
Rücksicht auf menschliche Schicksale rein dynastisch dachte.
Ein bedeutendes Ereignis europäischer Geschichte erlebte Andreas Gottlieb aktiv mit,
als im Jahre 1688 die "Glorreiche Revolution" in England stattfand, durch die der
katholische König Jakob II. Stuart, der eine katholische Restauration versucht hatte,
vom Thron gestoßen und sein Schwiegersohn Wilhelm von Oranien von Whigs und
Tories "für die protestantische Religion und ein freies Parlament" nach England
gerufen wurde. In der Selbstbiographie Andreas Gottliebs liest sich das so, daß der
Prinz von Oranien sich entschloß, nach England hinüberzugehen, um König Jakob Il.
zuvorzukommen, nachdem er Nachricht von dessen im Einvernehmen mit Ludwig XIV.
von Frankreich geplantem "bösen Vorhaben" gegen die Vereinigten Niederlande
erhalten hatte. Wie dem auch sei, schickte der Prinz im Mai 1688 seinen Residenten
Herrn v. Bentinck, den späteren Grafen v. Portland, nach Celle zu Andreas Gottlieb
und ließ ihm das Vorhaben eröffnen, damit Andreas Gottlieb dem Herzog darüber
berichtete. Herzog Georg Wilhelm schickte daraufhin dem Prinzen von Oranien
4 -5000 Mann, die anstatt der von Holland nach England geschickten Truppen in
holländische Garnisonen gelegt wurden. Im August 1688 kam Wilhelm von Oranien
selber nach Celle. "Und wardt darauf", schreibt Andreas Gottlieb, "alles solcher
Gestaldt praepariret, das im November dieses Jahres der Prinz aus Hollandt ab und
nach Engellandt überging mit dem Succes, der Jedermann bekanndt ist; wodurch die
Sachen in Europa auf einen anderen Fus kamen und die große Praepotenz von
Frankreich zimblich balancirt wardt. Hieraus entstandt nun der Krieg mit Frankreich,
welcher durch den Frieden zu Riswick anno 97 geendiget wardt“, durch welchen die
französische Hegemonialpolitik Richelieus, Mazarins und schließlich Ludwigs XIV.
durch das Prinzip des Gleichgewichts überwunden wurde.
Als Wilhelm von Oranien, nunmehr König Wilhelm III. von England, im Januar 1691
nach Holland kam, schickte Herzog Georg Wilhelm Andreas Gottlieb zu ihm und folgte
selbst bald dorthin nach. König Wilhelm von England und Herzog Georg Wilhelm von
Celle waren miteinander befreundet, und im Herbst 1696 begleitete Andreas Gottlieb
seinen Herzog nach London und besuchte auch Den Haag. Und im Herbst 1698 kam
der englische König nach Celle und in die Göhrde.
Ein anderes für Celle besonders wichtiges Ereignis war wenige Jahre zuvor ein-
getreten: der Tod des letzten Herzogs von Sachsen-Lauenburg im Jahre 1689, mit
dem das askanische Haus von Sachsen-Lauenburg ausstarb. Celle machte nunmehr
auf Anraten Andreas Gottliebs alte Rechte des Hauses Braunschweig-Lüneburg
geltend und nahm das Land in Besitz, woraus langjährige Streitigkeiten entstanden. So
glaubte Dänemark, während noch die braunschweig-lüneburgischen Truppen in
Holland gegen Frankreich im Felde standen, die Gelegenheit nutzen zu können, das
Lauenburger Land an sich bringen zu können. Es griff 1690 Ratzeburg an,
bombardierte es und brannte es nieder (daher noch jetzt dort die Straße "Demo-
lierung"). Trotzdem gelang es Andreas Gottlieb, das Land Lauenburg dem Hause
Braunschweig-Lüneburg zu erhalten.
Im August 1705 starb Herzog Georg Wilhelm, und das Herzogturn Lüneburg mit seiner
Residenz Celle fiel an Hannover.