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geborene Sophie. Zunächst übernahm Nandine neben ihren eigenen beiden Kindern, zu denen
am 4. Juni 1807 als drittes Kind Agnes hinzukam, die Betreuung der drei Halbwaisen.
Die Ruhe in Dänemark beim Bruder Joachim (Christian Günther, der sich im August 1806 mit
der Nichte Elise verheiratet hatte, weilte damals mit dem für seinen Vater regierenden
Kronprinzen und der Regierung in Kiel) währte für Friedrich und seine Familie nicht lange. Im
August 1807 überfielen die Engländer Dänemark erneut. Friedrich und Nandine flohen
abermals mit ihren Kindern, obwohl Agnes erst wenige Wochen vorher geboren war und
Nandine sich kaum von dem schweren, ihr Leben bedrohenden Wochenbett erholt hatte, und
nahmen Joachims Kinder mit. Friedrich schreibt am 18. August 1807 aus Nyborg an Luise:
"Bis hieher sind wir geflüchtet, bestes Luischen, und mit unsrer Kinderschaar wohlbehalten
angekommen. Ruhe sollen wir noch nicht finden, es ist wahrlich sonderbar. Wir eilten so sehr,
weil wir mit Recht fürchten mußten, daß die Verbindung mit Fühnen (Fünen) unterbrochen
werden würde, sobald die Feindseligkeiten begonnen hätten - ist sie doch schon seit mehreren
Tagen sehr erschwert. Uns haben die Barbaren indessen nicht angehalten - wahrscheinlich,
weil sie sahen, daß das Fahrzeug mit Weibern und Kindern angefüllt war und sie noch nicht so
verstockt sind, die nicht zu respektieren.
Am Mittwochen Morgen verließen wir, ach mit wie schwerem Hertzen, das liebe liebe Bernstorff
und reisten ohne Aufenthalt bis Corsoer, wo wir erst spät in der Nacht ankamen. Der gantze
Weg war mit Flüchtlingen und Soldaten, die singend und springend zum Kampfplatz eilten,
bedeckt. In Corsoer war alles voll und keine Fahrzeuge. Da gingen lebhafte Sorgen an, doch
kam vorgestern Morgen eines, und gegen Mittag schifften wir uns ein, aber ohne Wagen. Das
Wetter war wunderschön, wie hätten wir es sonst mit Agnes wagen können. - Wir hatten die
schönste Fahrt, in kaum 5 Stunden waren wir hier, und fanden gantz Cop. (Kopenhagen) - den
Herzog, Schim.. Rev. etc. etc. Die allgemeine Spannung kannst Du Dir vorstellen. Den
Nachmittag kam ein Brief von Jochen an den Herzog mit der Nachricht, daß der Krieg erklärt
sey. - Die hierdurch erregte Sensation brauche ich nicht zu beschreiben. Ich erwartete Jochen -
aber weder er, noch ein Wort von ihm seitdem - obwohl Stafetten durchgegangen sind, welches
ich nicht begreife, es kommen stets Fahrzeuge aus Corsoer an, und mit der Nachricht, daß bei
Cop. noch alles ruhig sey. Wohin wir uns wenden werden, haben wir noch nicht bestimmt,
wahrscheinlich doch nach Holstein. - Nandine bedarf sehr der Ruhe, daß wir gerne hier weitere
Nachrichten erwarten."
Bald darauf langte Friedrich mit Nandine und den sechs Kindern in Emkendorf bei Reventlows
(Cais Bruder Friedrich und Frau Julie geb. Schimmelmann) an. Hier blieben sie bis zum
November. Solange behielt Nandine die drei Kinder Joachims. Dann übernahm die
Schwägerin-Nichte Elise sie und kehrte mit ihnen und Christian-Günther nach Kopenhagen
zurück. Die Trennung von ihnen, mit denen sie fast ein Jahr zusammen gewesen war, wurde
Nandine sehr schwer, und sie klagte, daß Elise sie solange nach Briefen über ihr Ergehen
schmachten ließe.