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Monarchie, dem Vaterland, der guten Sache widme, um zu retten, was noch erhalten werden
kann. .... Ich habe in guten Zeiten meine Meinungen und Ansichten nie verbergen können und
werde es in bösen Zeiten nie tun. Diese Entschiedenheit und Selbständigkeit .... hat mir die
Achtung und das Vertrauen der Regierung gewonnen, und deshalb wählt sie mich gerade zu
diesem Posten."
In Wien geriet Albrecht mitten in das revolutionäre Chaos hinein. Die Lombardei und Venetien
waren bereits von Österreich abgefallen, in Ungarn und überall in den slavischen Landesteilen
gärte es. Der schwachsinnige Kaiser Ferdinand floh nach Innsbruck. In der Kärntnerstraße, wo
Albrecht mit seiner Familie im Gasthof "Zum Erzherzog Karl" Quartier bezogen hatte, wurden
Barrikaden errichtet; auch die beiden Ein- und Ausgänge des Gasthofes wurden versperrt. Die
folgende Nacht, schreibt Albrecht, "war die grauenvollste, die ich erlebt habe." Alle Glocken der
taghell erleuchteten Stadt läuteten Sturm. In den unteren Bäumen des Gasthofs hatten sich
"die Proletarier und Barrikadenhelden gelagert, um frei zu essen und zu trinken." Albrecht
erfuhr, daß Windischgraetz mit 4 Regimentern vor den Toren stehe und gleich die Stadt
angreifen werde. Er solle aber beruhigt sein, sagte man ihm, "man siedet schon Wasser und
Oel in der Küche, das wird man Ihnen hinauftragen, um es auf die Soldaten zu gießen! Auch
müssen alle Fenster geöffnet und Pflastersteine auf die Fensterbänke gelegt werden zum
Hinabwerfen auf die Soldaten"!! Die Gefahr war zum Glück nur ein Gespenst gewesen, der
nach Taten dürstenden Phantasie der Barrikadenhelden entsprungen. Immerhin sah sich
Albrecht veranlaßt, mit seiner Familie wieder nach Linz auszuweichen, wo er schon auf der
Hinreise Station gemacht hatte. Dort wurde das erwartete Kind, die Tochter Maria Therese,
geboren.
Bald darauf konnte Albrecht aber nach Wien zurückkehren, wo jetzt Erzherzog Johann zum
Stellvertreter des Kaisers ernannt wurde und die Regierungsgeschäfte übernahm. Wenige
Tage später wurde derselbe von der Frankfurter Pauls-kirchenversammlung auch zum
deutschen Reichsverweser gewählt. Albrecht warnte in Berlin sogleich vor ihm als einem
Gegner der preußischen Deutschlandpolitik, der durch zur Schau getragenen Liberalismus und
gut gespielte Schwärmerei für die deutsche Einheit seine jetzige Stellung erreicht habe;
niemand, der ihn näher kenne, zweifle an dem persönlichen Ehrgeiz des Erzherzogs sowie an
seinem Mangel an Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit; er sei von allen Erzherzögen zwar der fähigste,
aber zugleich auch der falscheste. Albrecht bezeichnete es, worauf er schon früher von
München aus aufmerksam gemacht hatte, als Johanns Plan, die Kaiserkronen von
Deutschland und Österreich auf seinem Haupt zu vereinigen. Dadurch wäre Preußens
Vormachtstellung, das oberste Ziel von Albrechts politischen Vorstellungen, verhindert worden.
Er warnte vor der drohenden Unter-ordnung Preußens für alle Zeiten unter einer fremden
erblichen Gewalt, "welche nur bestehen und die ihr gestellte Aufgabe erfüllen kann, wenn sie
alle staatliche Selbständigkeit der einzelnen Teile des Gesamtreichs aufhebt und namentlich
jedes Widerstreben Preußens als des selbständigsten und mächtigsten Partikular-staates
gewaltsam bricht." Als einzige Rettung aus dieser Gefahr bezeichnete Albrecht in
Vorwegnahme von Bismarcks späterer Lösung die Ausschließung des überwiegend