von Bernstorff

Die Familiengeschichte von den Anfängen bis 1982

 

Über Jahrhunderte wurde in Büchern über die Familiengeschichte geschrieben, z.B. Anfang des 20. Jahrhunderts vom dänischen Historiker Aage Friis (* 16.8.1870 - † 5.10.1949) in "Die Bernstorffs". Ein bedeutendes, aus der Familie heraus für die Familie geschaffenes, Schriftstück ist die Familiengeschichte von Werner Graf v. Bernstorff (Oberlandesgerichtsrat, * 5.7.1905 - † 8.11.1987), die er im Jahr 1982 fertigstellen und veröffentlichen konnte. Dieses Buch ist aufgrund seiner Struktur, Les- und Nutzbarkeit und der inhaltlichen Vollständigkeit besonders wichtig, wenn man die Geschichte der Familie verstehen möchte. Allerdings weist der Autor selbst daraufhin, dass es ihm nicht möglich war, fundiert wissenschaftlich zu arbeiten und regt in seinem Nachwort vom 5. Juli 1982 ausdrücklich zur Ergänzung der Inhalte an.

 

Aus diesem Grund ist der gesamte Buchtext hier, inklusive einer Suchfunktion, veröffentlicht. Eine e-Book Version wird in absehbarer Zeit folgen.

 

Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich Werner im Erstellungsprozeß aus verschiedenen Gründen, vor allem im Hinblick auf eine Fertigstellung bevor gesundheitliche Einschränkungen diese verhindern könnten, auf die männliche Stammfolge konzentriert hat. Aus diesem Grunde - und nur aus diesem Grunde - ist die Würdigung vieler Frauen der Familie entweder zu knapp ausgefallen, oder fand nicht statt. Die Familie wird nun, peu-à-peu, diese Lücke schließen und die vielen bedeutenden Frauen in der Familie an anderer Stelle auf dieser Internetpräsenz ins Licht rücken.

 

Werner schließt sein Nachwort mit den Worten "Möchte das eine oder andere Mitglied der Familie sich [durch das Buch] angeregt fühlen, über seinen Zweig ergänzende Aufzeichnungen für Kinder und Kindeskinder zu Papier zu bringen." 

 

 

Inhaltsverzeichnis
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bei einem gänzlichen Wechsel des Ministeriums zur Verfügung stehen; aber dem Prinzregenten war ein Wechsel in den leitenden Männern sehr unangenehm.

Am 2. Jan. 1861 starb Friedrich Wilhelm IV., und sein Bruder, der bisherige Prinzregent, folgte ihm auf den Königsthron als Wilhelm I. Dieser hatte Albrecht als einen seiner engsten Berater ausersehen. Er kannte Albrechts leidenschaftliches Eintreten für die Bildung eines gesamtdeutschen Staates und beauftragte ihn mit dem Plan einer neuen Verfassung für Deutschland auf der Grundlage eines Bundesstaates mit Ausschluß Österreichs. Und wenige Monate darauf bat er ihn, das preußische Außenministerium zu übernehmen. Jetzt konnte sich Albrecht dieser Berufung nicht entziehen, obwohl er sich nur sehr schwer zur Übernahme dieser Aufgabe entschloß. Auch fürchtete er, daß seine körperlichen Kräfte den damit verbundenen Anstrengungen nicht gewachsen seien.

Anfang Juli 1861 reiste Albrecht mit seiner Familie von London nach Berlin. Er hatte eine Aussprache mit dem König und schrieb darüber an seine Frau: "Man will alle meine Bedenken nicht gelten lassen, indem Seine Majestät mindestens ebenso konservativ sei, als ich und gerade konservative Männer hinein haben wolle, um nicht weiter im liberalen Sinne zu gehen. Ich sei der einzig Mögliche und werde vom König mit allen Ministern einstimmig gewünscht.“ In einem Brief vom gleichen Tage schrieb er dem König: "Ich hin stets konservativ gewesen und kann meine Grundsätze nicht verleugnen. Die Lage der Dinge ist aber der Art, daß gewisse liberale Maßregeln durchgeführt werden müssen, und es scheint mir richtiger, daß dies durch Männer geschehe, welche sich stets zu mehr oder minder liberalen Grundsätzen bekannt haben, als durch Konservative." Der König blieb aber bei seiner Meinung und ernannte Albrecht am 31. Juli 1861 zum Minister der Aus-wärtigen Angelegenheiten. So saß 26 Jahre nach Christian Günthers Tod wieder ein Bernstorff auf dem Sessel des preußischen Außenministers.

Albrecht fand bei seinem Amtsantritt schwierige Probleme in der preußischen Außenpolitik vor. Da war zunächst die dänische Frage, d.h. der Versuch Dänemarks, dessen König auch die Souveränität über Schleswig, Holstein und Lauenburg ausübte, diese Herzogtümer oder doch mindestens Schleswig ganz in Dänemark einzuverleiben, was Preußen keinesfalls dulden wollte. Und da war die immer noch ungelöste deutsche Frage, in der Albrecht die militärische Führung der deutschen Kontingente durch Preußen, gemeinsame diplomatische Vertretung dem Ausland gegenüber und ein gemeinschaftliches Parlament aus Vertretern der einzelnen Landtage oder Kammern forderte. Das Parlament solle sich in ein Fürstenhaus und ein Volkshaus gliedern. In der Exekutive sollte aber die preußische Spitze gesichert sein. Mit Österreich, das außerhalb dieses Bundesstaates stehen sollte, sollte aber eine Allianz und die Garantie aller Besitzungen bestehen, was wiederum Probleme im Hinblick auf die italienischen Einigungsbestrebungen und die Besitzungen Österreichs in Oberitalien mit sich brachte. Mit Österreich ergaben sich auch Spannungen daraus, daß Preußen einen Handelsvertrag mit Frankreich anstrebte, während Österreich wegen seiner völlig anders gearteten wirtschaftlichen Verhält-nisse aus dem deutschen Zollverein ausgeschlossen bleiben sollte.

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