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Es gelang Albrecht nach sehr schwierigen Verhandlungen und gegen den Widerstand
Österreichs und mancher deutscher, besonders süddeutscher Mitglieder des deutschen
Zollvereins, den Vertrag zustande zu bringen. Nach Abschluß des Vertrages kostete es noch
viele Mühe, die Zollvereinsmitglieder für ihn zu gewinnen. Schließlich gelang aber auch das. Als
Anerkennung für Albrechts Leistung in dieser Frage verlieh ihm der König am 3. Aug. 1862 das
Großkreuz des Hohenzollernschen Hausordens mit Brillanten.
Alle oben bezeichneten außenpolitischen Probleme schlossen die Gefahr von Kriegen in sich.
Jede Veränderung in den Machtverhältnissen Mitteleuropas wurde von den Großmächten
damals argwöhnisch beobachtet. Anderseits war klar, daß die Entwicklung notwendig auf
Veränderungen hindrängte. Das bedeutete, daß Preußen, wenn es in den politischen
Machtkämpfen bestehen wollte, in der Lage sein mußte sich notfalls mit Gewalt zu behaupten.
Es ist interessant, wie ganz anders in der Mitte des vorigen Jahrhunderts die allgemeine
Einstellung zum Krieg als Mittel der Politik war, als es zwei und drei Generationen früher den
politischen Grundsätzen Johann Hartwig Ernsts und Andreas Peter Bernstorffs entsprach.
Letztere verabscheuten den Krieg radikal und sahen ihre höchste Aufgabe darin, dem
dänischen Gesamtstaat den Frieden zu erhalten, was ihnen in dem halben Jahrhundert ihrer
Regierungszeit auch gelungen ist. Sie waren eben Kosmopoliten, und das nationalstaatliche
Denken, das erst infolge der französischen Revolution aufkam, war ihnen noch fremd. Jetzt
dagegen, als Albrecht auf der politischen Bühne stand, wird überall, in London, wie in Paris,
Berlin, Wien und Petersburg, eine Durchsetzung politischer Forderungen oder Warnungen mit
kriegerischen Mitteln erörtert und im diplomatischen Verkehr von Staat zu Staat angedroht oder
angeboten. "Krieg war in diesen Zeiten eine Therapie, von deren Wirksamkeit die meisten
Staatsmänner absolut überzeugt waren" (Diwald). Krieg war, wie Clause-witz es ausdrückte, die
Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.
So spricht auch Albrecht schon in seiner Gesandtenzeit wiederholt davon, daß ein Krieg,
insbesondere mit Österreich oder mit Dänemark und später auch mit Frankreich unvermeidbar
werden könnte. Als nun Wilhelm I. König geworden war und eine klarere und festere Politik
gegenüber der oft zögernden und inkonse-quenten der Kabinette Friedrich Wilhelm IV. führen
wollte, die Preußen eine seiner Bedeutung entsprechende Machtstellung sichern sollte und die
Albrecht mit ganzer Überzeugung vertrat, wurde die Unterhaltung einer entsprechenden
schlagkräftigen Armee zu einer entscheidenden Frage.
Aus der Weigerung des preußischen Landtages, die hierfür erforderlichen Mittel zu bewilligen,
ergab sich ein schwerer Konflikt zwischen König und Parlament. Auflösung und Neuwahl des
Landtages brachte keine Lösung, vielmehr eine Ver-schärfung des Konflikts. In dieser Situation
spaltete sich das Ministerium in eine nachgiebigere Majorität und eine festeren Widerstand
empfehlende Minorität. Die letztere bestand aus Albrecht Bernstorff, v. der Heydt und Roon. In
einer von Albrecht verfaßten Denkschrift dieser drei an den König vom 13. März 1862 heißt es:
"Um schließlich ihre Ansichten im allgemeinen zusammenzufassen, glauben die Unter-
zeichneten noch ausdrücklich erklären zu müssen, daß