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Zeitgenossen als Typus eines wahrhaft vornehmen Edelmannes und gentleman bezeichnen
würde, nannte er den Namen von Albrecht Bernstorff.
Albrechts Witwe Anna überlebte ihren Mann noch um 20 Jahre. Sie kehrte nach Stintenburg
zurück, wo sie zunächst lange Jahre sehr zurückgezogen lebte. Später ging sie im Winter oft
nach Berlin, wo sie einen großen Kreis alter treuer Freunde besaß. Erst am 10. Sept. 1893
starb dort auch sie, 71 Jahre alt, und wurde neben Albrecht auf dem Lassahner Friedhof
begraben.
76. Andreas. 1844-1907.
(Literatur: H.v.Redern, Andreas Graf v. Bernstorff. Ein Lebensbild nach seinen Briefen und
persönlichen Aufzeichnungen, Verlag v. Fr.Bahn, Schwerin, 1909.)
Albrechts ältester Sohn Andreas Petrus Albrecht setzte den Stamm des Hauses
Stintenburg fort. Er war geboren in Berlin am 20. Mai 1844, als sein Vater dort Vortragender
Rat im preußischen Außenministerium war. Getauft wurde er von dem berühmten damaligen
Hof- und Domprediger Theremin. Er wuchs als Ältester von 6 Geschwistern auf. Seine ersten
Lebensjahre verbrachte er in München, Wien, Berlin und Neapel. Als er 10 Jahre alt war, wurde
sein Vater Gesandter in London und blieb dort, von dem einen Jahr 1861/62 als preußischer
Außenminister abgesehen, bis an sein Lebensende. So ist London in besonderer Weise neben
dem väter-lichen Stintenburg Heimat für Andreas geworden, und ihm ist "kaum je wieder ein
Haus so lieb geworden, als die Deutsche Botschaft in London".
In damaliger Zeit begann das Lernen der Kinder noch sehr früh. Schon mit 4 Jahren konnte
Andreas lesen und bald darauf schreiben, und korrespondierte mit seiner Mutter (übrigens
zeitlebens französisch). In London wurde er bis zu seinem 16. Lebensjahr von einem
Hauslehrer unterrichtet. Als er 14 Jahre alt war, trat, wie er selber schreibt, "ein Ereignis ein,
welches meinem ganzen späteren Leben die Richtung gab, ja, das wohl eigentlich das Ereignis
desselben genannt werden muß: - die Bekehrung." Von da an weihte er sein ganzes Leben
Gott und dem Dienst für ihn, der Reich-Gottes-Arbeit. So ging in Erfüllung, was sein Vater bei
seiner Geburt der Großmutter geschrieben hatte: "möchte Gottes Segen auf ihm ruhen und er
im Geist der Väter zu einem echten Bernstorff und, was mehr ist, zu einem wahren Christen
aufwachsen." Schon damals mit 14 Jahren gründete er mit seiner 10-jährigen Schwester Thesi
eine für die Armen bestimmte, von Taschen-geld und von Spenden der Großmutter Koenneritz
gespeiste Kasse, von der sie bald einen sehr kranken Mann aufs Land schicken konnten.
Die Eltern waren befreundet mit Sir Culling Eardley, dem Begründer der "Evangelical Alliance"
(Evangelischen Allianz).