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leistung bei seinem Vater abkommandiert, wo er den als Reserveoffizier zur Armee
einberufenen zweiten Botschaftssekretär v. Twardowsky zu vertreten hatte.
Nach Beendigung des Krieges kehrte er nur kurz nach Dresden zurück, um im Nov. 1871 als 2.
Sekretär zur Gesandtschaft nach Wien zu gehen. Auch hier blieb er nur 3/4 Jahre, und wurde
dann nach kurzer Dienstleistung im Auswärtigen Amt zum Legationssekretär in Washington
ernannt, wo damals Kurd v. Schlözer seit einem Jahr Gesandter war. Mit tiefer Bewegung reiste
er der Neuen Welt entgegen. Er schreibt: "Überhaupt habe ich für die großen germanischen
und protestantischen Völker immer viel übrig gehabt. Einem Kleinstaat hätte ich niemals
anhören mögen. Mit Leib und Seele war ich stets Preuße und Deutscher, - hätte ich das nicht
sein können, so hätte ich Engländer sein mögen, und wäre auch das nicht möglich gewesen,
Bürger der Vereinigten Staaten. Russe oder Franzose hätte ich nicht sein mögen."
Seine Dienstleistung in Washington nahm insofern ein unerfreuliches Ende, als er in einem
Abendgottesdienst einer deutschen Kirche in New York in einer An-sprache von der Kanzel
eine kritische Bemerkung gegenüber seinen deutschen Landsleuten machte, weil sie die in den
USA übliche Sonntagsheiligung nicht genügend beachteten. Seine Äußerung wurde entstellt
und führte letzten Endes zu seiner Abberufung. Diese wurde allerdings dadurch überdeckt, daß
Andreas gerade in diesem Augenblick nach London gerufen wurde, weil sein Vater im Sterben
lag. Er traf ihn noch lebend an und konnte noch die letzten 15 Tage seines Lebens bei ihm
sein. Nach der Beisetzung in Lassahn blieb er mit der Familie noch drei Monate in London, um
dort alles abzuwickeln.
In dieser Zeit mußte er sich dienstlich zu den Vorgängen in Washington äußern. Er erhielt
einen Tadel, der mit den Worten endete: "Ich habe daher anderweitig über den Sekretärposten
Washington verfügt". Später lief der Witz um, er habe sich aus der Diplomatie herausgepredigt.
Man wußte nun offenbar im Auswärtigen Amt nicht recht, was man mit Andreas machen solle.
Schließlich wurde er zur vertretungs-weisen Beschäftigung ins Auswärtige Amt einberufen. Ehe
dann über eine ander-weitige Verwendung entschieden wurde, trat eine ganz neue Wendung
ein.
Mit Beginn des Jahres 1874 wurde der 28-jährige Andreas zum Landrat seines Heimatkreises
Herzogtum Lauenburg in Ratzeburg ernannt, eine Stellung, die höher und verantwortungsvoller
war als die eines sonstigen Landrats, weil, solange Lauenburg noch nicht ganz in das
Königreich Preußen einverleibt war, der Landrat die Regierungsgeschäfte des Herzogtums
führte. Minister für Lauenburg war damals Bismarck, und ihm mußte Andreas daher als erstes
in Friedrichsruh seine Aufwartung machen. Bismarck, der im Begriff war, nach Berlin
zurückzukehren, nahm ihn sehr freundlich auf und nahm ihn bis Büchen in dem kleinen
Privatkupee seines Salonwagens mit. Er ermahnte ihn, er solle für seine eigene Seele sorgen,
soviel er wolle, sich aber nicht um die anderen Menschen kümmern, das gehe für einen
Beamten nicht. Denn alles, was ein Beamter tue, werde seiner Regierung zur Last gelegt.
Diese Marschroute war Andreas sehr schmerzlich, und ihre Innehaltung wurde ihm recht sauer.