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Andreas genoß es, Reisen im Dienst seiner Aufgaben zu machen. Die Fahrten bei Tag und
Nacht waren für ihn Zeiten des Ausruhens, in denen man nicht unversehens gestört werden
konnte. Je mehr Reisen die Statistik des Jahres auswies, desto größer war seine Freude. Er
nahm meistens nur seine Reisetasche mit, die dann noch haupt-sächlich mit Papieren gefüllt
war. Die gelesenen Zeitungen wurden, so wird be-richtet, sofern sie wertlos waren, sofort aus
dem Kupeefenster geschleudert (!!), konnten sie aber noch einer Seele dienen, blieben sie für
den Schaffner oder Wagenreiniger im Netz liegen.
Er mußte oft nach Schleswig-Holstein reisen, weil er als Nachfolger des verstor-benen Jaspar
v. Oertzen die Leitung des Gemeinschaftsvereins von Schleswig- Holstein übernahm.
Infolgedessen war er immer etwa 11 Sonn- und Festtage in Schleswig-Holstein, wo er die
Sendboten-Konferenzen leiten mußte und jede Einführung eines neuen Sendboten selbst
vorzunehmen hatte. Auch die Weihe der Vereinshäuser nahm er vor. Diese Arbeit in
Schleswig-Holstein wurde zuletzt immer mehr diejenige, in der er seine Hauptaufgabe sah.
Andere Reisen führten ihn zu den Allianz-Versammlungen und Konferenzen durch ganz
Deutschland und ins Ausland. In späteren Jahren bildeten auch sogen. Missionsfeste,
eigentlich Evangelisationsversammlungen auf Gütern befreundeter Familien einen Grund für
Reisen. Besondets gern war er in Kowalz, wo er im Vorstand des Trinker-Asyls war und zehn
Jahre hinter einandei bis zum Tode der Frau v. Plüskow zum sogen. Asylfest reiste. Aus
Kowalz schreibt er in einem Brief vom 5. Aug. 1901, es sei die 30. Reise des Jahres! Es waren
in jenem Jahr etwa 500 Menschen nach Kowalz gekommen. Andreas hatte hier auch zu
sprechen und erwähnt als weiteren Redner den späteren Kammerherrn und Landdrost Fritz v.
Engel-Neustrelitz. Von Kowalz aus hat Andreas manchmal in Rostock Station gemacht und an
dem unter Leitung von Frau v. Oertzen wachsenden Gemein-schaftsleben teilgenommen. "Ja,
ja, auch Mecklenburg wacht auf", pflegte er zu sagen.
Natürlich bemühte sich Andreas auch sehr um die Erweckung der Stintenburger Bevölkerung in
den Zeiten, in denen er dort war. Allsonntäglich fanden dann abends Bibelstunden im
Stintenburger Eßzimmer statt und Mittwoch abends im hoch über dem Schalsee gelegenen
Haus des Bauern Drögemöller in Techin, wohin Andreas entweder zu Fuß durch den Wald ging
oder mit dem Boot über den See fuhr. Auch in Stintenburg fanden Missionsfeste statt, entweder
im Wald zwischen Lassahn und Stintenburg unter den Buchen angesichts des Sees oder auf
dem Rasen unter den Kastanien beim Herrenhaus.
Es ist kein Wunder, daß die Kräfte von Andreas dieser Überbeanspruchung auf die Dauer nicht
gewachsen waren. Schon 1898, als er erst 54 Jahre alt war, zeigten sich die ersten
gesundheitlichen Störungen. Er magerte ab, sah elend aus und fühlte sich kraftlos. Längere
Kuraufenthalte in Karlsbad, Kissingen, Nauheim und St.Blasien brachten nur vorübergehende
Besserung. 1903 kam eine Herzmuskelschwäche dazu. Am 6. Sept. 1906 beging er in
Stintenburg mit seiner Frau noch sehr festlich die Silberne Hochzeit. Aber dann ging es stetig
bergab. Vor Weihnachten stellten sich Anzeichen der Wassersucht ein. Am 21. März