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Asthma-Anfälle haben, daß er nach ein paar Monaten als dienstuntauglich entlassen wurde.
Diese Dienstuntauglichkeit bewahrte ihn auch vor der Teilnahme am Kriege, in dem sein Bruder
Viktor 1918 fiel.
Die Kieler Studienzeit hatte noch in einer besonderen Hinsicht für Albrecht Bedeu-tung. Er
verkehrte von Kiel aus mit seinen Verwandten Reventlow in Altenhof. Und hier wiederholte sich
etwas, was schon in Johann Hartwig Ernsts Leben Bedeutung gehabt hatte. Wie jener war
Albrecht nicht für die Ehe geschaffen, wohl aber für tiefe Freundschaften, auch mit Frauen. Und
wie Jahann Hartwig Ernst in tiefer Freund-schaft mit der älteren Marschallin de Belle-Isle
verbunden war, so gewann Albrecht in Altenhof in der um 15 Jahre älteren Gräfin Elly
Reventlow, einer Tochter aus der Kölner Bankiersfamilie Stein, eine Freundin, die mehr als
irgend jemand sonst bestimmenden Einfluß auf sein Leben gewann. Die Gräfin Reventlow
führte ein von liberaler Gesinnung getragenes geistiges Leben, erfüllt von Literatur und Kunst,
von Politik und auch von der Philosophie Rudolf Steiners. Sie wurde der gute Geist im Leben
Albrechts, der sehr sensibel und damals noch weich, leicht entmutigt und trüben Gedanken
zugänglich war. Sie erkannte die in Albrecht schlummernden großen Möglichkeiten und die
Gefahr, daß sie ungeweckt blieben. Sie stärkte Albrechts Ehrgeiz und zeigte ihm die vor ihm
liegenden Aufgaben. So waren es Oxford und die Gräfin Reventlow, die den stärksten Einfluß
auf Albrechts Leben ausübten.
1914 verließ Albrecht Kiel nach bestandenern Referendar-Examen und trat in den
diplomatischen Dienst ein. Er wurde zunächst der Botschaft in Wien zugeteilt. Hier erlebte er
die letzten Tage der Habsburger Monarchie und den alten Kaiser Franz Josef, bei dem schon
sein Großvater Albrecht d Ä. akkreditiert gewesen war. Wien gefiel Albrecht, besonders das
literarische Wien. Er hatte Sinn für Poesie und war den Versen der Spätromantik durchaus
aufgeschlossen. Er kannte Hofmannsthal und später Rilke, der einmal in einem Brief bemerkte,
wie "lieb Albrecht Bernstorff ihm sei". Von beiden Dichtern besaß Albrecht Briefe. In Wien
schloß er auch Freundschaft mit den Rothschilds, die ihn immer wieder auf ihr Jagdhaus
Langau einluden. Es wurde sogar, nachdem er jahraus jahrein dorthin zur Jagd gekommen
war, eine Medaille auf ihn geprägt.
1917 wurde Albrecht zur weiteren Ausbildung in das Auswärtige Amt einberufen, aber schon im
Frühjahr 1918 war er persönlicher Adjutant des Staatssekretärs v. Kühlmann bei den
Friedensverhandlungen mit Rumänien. Mit Kühlmann, der ihm auch in den politischen
Anschauungen nahestand, war Albrecht seitdem freund-schaftlich verbunden.
Im November 1918 wurde Albrecht Legationssekretär, im September 1919 leistete er den Eid
auf die neue Reichsverfassung, und im April 1920 wurde er als Vertreter des Auswärtigen
Amtes dem Reichskommissar für die besetzten Gebiete in Koblenz, damals Fürst Hatzfeld,
zugeteilt. Hier gelang es ihm bald, persönliche Beziehungen zu den Engländern anzuknüpfen,
die mit der Besatzungspolitik der Franzosen oft nicht einverstanden waren.
Albrecht blieb aber nicht lange in Koblenz. Vielmehr ließ er sich für ein Jahr beurlauben, um ein
Bankpraktikum im Bankhaus