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Volkes zu wahren." Und er schloß mit den Worten: "Welcher Trost für diese drei Männer,
wüßten sie, daß hier in der Botschaft eines befreiten und mächtigen Deutschland ihre
deutschen und englischen Freunde versammelt sind, um sie zu ehren. Es ist die Majestät des
menschlichen Gewissens, deren wir in dieser Stunde gedenken".
Und Bruce Lockhart schrieb über Albrecht: „Bernstorffs Beispiel hat mehr für sein Land getan
als irgend ein König oder Eroberer, denn es bewahrte es davor, in Grund und Boden verdammt
zu werden. Kommende Generationen wissen jetzt, daß nicht jeder Deutsche sich mit dem
Nationalsozialismus abfand."
Im Auswärtigen Amt in Bonn wurde im gleichen Jahr 1961, in dem die erwähnte Feier in
London stattfand, eine Gedenktafel für die Opfer des 20. Juli 1944 enthüllt, auf der wegen der
alphabetischen Reihenfolge Albrechts Name als erster steht, obwohl er, wie an anderer Stelle
gesagt, nicht unmittelbar zu dem Kreis der am 20. Juli Beteiligten gehört hatte.
Im Jahre 1962 schließlich hat Albrechts Schwager Kurt v. Stutterheim ein Gedenk-buch über
Albrecht "Die Majestät des Gewissens" herausgegeben. Stutterheim schließt mit den Worten:
"Es war nicht nur die Politik, es war die Moral, die seinen Weg bestimmte, oder, um mit
Nicolson zu schließen, die Majestät des Gewissens". Theodor Heuß hat für dieses Buch das
Vorwort geschrieben. Es heißt darin: "Die 'Standesbezeichnung‘ (gemeint ist der Adel) hat
einen sprachlichen Zusammen-hang und, wo sie nicht pervertiert ist, auch einen
geistig-seelischen mit dem Sinn und Wert des Edlen. Daß er ein 'Graf' sei, aus einem 'großen'
Haus, das wußte man - er selber in seinem 'urbanen' Wesen machte gar nichts davon her.
Aber wir, die ihn liebten, spürten in seinem Wesen, in seiner Art, sich zu geben, in seiner
herzhaften, unmittelbaren, nicht intellektualistisch argumentierenden Art des Ur-teilens das
'Adelige', das Edle seiner Natur. Deshalb liebten wir ihn."
Albrechts geliebtes Stintenburg fand wenige Monate nach seinem Tod sein Ende als
Bernstorffscher Familienbesitz. Ursprünglich als Teil der am Ostufer des Schal-sees gelegenen
lauenburgischen Gemeinde Lassahn britisches Besatzungs-gebiet, lag in Stintenburg im
Herrenhaus ein englisches Kommando, das nur über den Schalsee erreicht und versorgt
werden konnte. Denn sowohl die Nord- wie die Südspitze des Schalsees waren
mecklenburgisch und daher russisches Besatzungsgebiet. Diese unhaltbare Lage lösten die
Besatzungsmächte dadurch, daß Engländer und Russen im Nov. 1945 einen Tausch
vereinbarten, indem die lauenburgische Gemeinde Lassahn mit Stintenburg den Russen
überantwortet wurde, während die Russen die mecklenburgischen Dörfer Römnitz, Bäk und
Ziethen bei Ratzeburg den Engländern überließen. Albrechts Schwester Louisette mußte
Stintenburg verlassen. Die Engländer setzten Amphibienfahrzeuge ein und brachten alle
Menschen, die die Gemeinde verlassen wollten, mit ihrer gesamten Habe an Mobiliar,
lebendem und totem Inventar und allen Vorräten über den See nach Westen. So wurde der
Inhalt des Stintenburger Hauses gerettet, aber Johann Hartwig Ernsts schöner Besitz ging der
Familie verloren. In die feinen kultivierten Räume des alten Hauses auf Klopstocks "Insel der
froheren Einsamkeit" zog eine Schule der Volkspolizei ein.