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Orden, d. h. die Balley Brandenburg, ihm das Lehen und alle Rechte über Gartow
abzutreten. Der Friedensvertrag von Osnabrück hatte das Patronatsrecht des
Kurfürsten von Brandenburg über den Orden ausdrücklich bestätigt, und der Orden
war in dem Jahrzehnt von 1679 bis 1689 schwach, weil das Amt des Herrenmeisters
vakant war. Brandenburg forderte nun von den Bülows den Lehenseid und lud sie zu
diesem Zweck nach Berlin. Als der Celler Hof dies erfuhr, verbot der Herzog den
Bülows, sich mit dem brandenburgischen Hof in irgendeiner Weise wegen Gartow
einzulassen. Und als diese trotzdem im Januar 1686 in Berlin dem Kurfürsten den
Lehenseid leisteten und Brandenburg sich anschickte, Gartow zu besetzen, nahm
Herzog Georg Wilhelm seinerseits mit Waffengewalt die Burg und die gesamten
Gartower Güter in Besitz und Zwangsverwaltung und setzte einen Amtmann als
Administrator ein. Brandenburg zog nunmehr Truppen zusammen und führte sogar
einen großen Train von Artillerie heran. Ein Zusammenstoß von Celle und
Brandenburg schien unvermeidlich. In dieser Lage legten sowohl der Kaiser wie
Kurbayern sich ins Mittel, worauf Berlin einlenkte und man sich einigte, die Sache "via
iuris" zu traktieren. Es kam dann, aber erst nach einem langen, auf Cellescher Seite
von Andreas Gottlieb geführten Prozeß, im Jahre 1690 zu einem Vergleich, in dem
Brandenburg auf alle Rechte auf Gartow und Zubehör verzichtete. Die Bülows, die
jahrelang des freien Besitzes ihrer Güter beraubt gewesen waren, kamen zurück,
jedoch nur, um vier Jahre später dieselben für 34.000 Rthlr an Andreas Gottlieb zu
verkaufen. Die Oberhoheit über die Gartower Begüterung hatte nunmehr anstelle des
Johanniterordens bzw. Brandenburgs das H a u s Braunschweig-Lüneburg.
Es fällt auf, daß Andreas Gottlieb drei Besitzungen nacheinander von den Bülows
erwarb. Diese Familie befand sich damals in einem Verfall, der zu Einbußen ihres
Grundbesitzes geführt hat, von denen sie sich nie wieder ganz erholt hat. Andreas
Gottlieb stellt daher auch die Bülows seiner eigenen Familie als warnendes Beispiel
vor Augen, indem er in seinem Fideikommißstatut bei den Anweisungen für die
Erziehung der Jugend vor allzu großer Jagdleidenschaft warnt, weil die Bülows zu
Gartow sich guten Teils damit ruiniert hätten, daß sie "auf nichts als das Jagen"
gedacht hätten.
Erstaunlich ist, daß Andreas Gottlieb innerhalb des kurzen Zeitraums von 15 Jahren in
der Lage war, drei Gundbesitze zu erwerben, darunter einen so großen Besitz wie
Gartow. Gewiß hatte er von Hause aus einige Mittel aus dem Nachlaß seines Vaters
und später seiner Mutter, und auch von Seiten seiner Frau mag, insbesondere nach
dem Tode des Schwiegervaters Schütz, einiges dazugekommen sein. Aber zum
Ankauf von Wedendorf und Hundorf und erst recht von Gartow konnten solche Mittel
nicht ausreichen, und auch von seinem Gehalt - in Celle, also bis 1705, waren es nur
1942 Rthlr jährlich - konnten wesentliche Kapitalien kaum erspart werden. Die
Wohlhabenheit Andreas Gottliebs findet offenbar ihre Erklärung darin, daß er von
auswärtigen Mächten, mit denen er zu allseitiger Zufriedenheit Verhandlungen geführt
und Abkommen geschlossen hatte, großzügige Honorare bekommen hat. Das war
damals allgemein üblich und wurde nicht als Bestechung angesehen. „Solche
Geldgaben entsprechen den Ordendekorationen unserer Tage und wurden gewöhnlich
in vollster Offenheit gegeben und empfangen" (Aage Friis).