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Die Geringschätzung von Heiratsgut solle aber keinesfalls dazu führen, daß seine
Nachkommen bei der Auswahl der Lebensgefährtinnen "bloß denen der Jugend so
gewöhnlichen Capricen, Hitze oder unzeitigen, wohl gar liederlichen amouretten"
folgen und nur die Schönheit und ein glattes Gesicht ansehen sollten, welche doch so
vielen stündlichen Veränderungen unterworfen seien. "Sondern ich will", schreibt
Andreas Gottlieb, "vielmehr Sie, meine liebe Nachkommen, aufs fleißigste und
sorgfältigste vermahnet haben, daß, wann Ihnen Gott eine gesunde Vernunft verleihen
wird, - worum dessen Allmacht ich aufs inbrünstigste anrufe -. Sie solche (Vernunft) bei
Ihren Heiraten als fast der allerimportantesten Okkasion des menschlichen Lebens
darin zeigen und spüren lassen wollen, daß Sie Sich zu Ihren Ehegatten Personen von
solcher Herkunft und Familie, davon Sie Ehre, Hülfe und appuy haben können,
vornehmlich aber von so beschaffenen Leibe und Gesundheit, Gemüte und Verstande
erwählen, daß nicht allein Sie selbst bei Ihrem Leben davon Hülfe und Vergnügen
haben, sondern auch von denselben etwas Gutes auf die Nachkommen fortgepflanzet
werden könne."
Seine Nachkommen sollten sich vorstellen, daß sie nicht 8 oder 14 Tage, sondern ihr
ganzes Leben mit ihrer Frau zubringen sollten und müßten, so daß also sowohl ihr
eigenes zeitliches Glück, wie die Wohlfahrt der Nachkommenschaft guten Teils von der
Wahl der Ehefrau abhänge.
Jeder vernünftige Mensch suche doch in seiner Wirtschaft solches Vieh und Tiere zu
haben, wovon er gute Nachzucht erhoffen könne. Was sei also Gutes zu erwarten von
jemand, der in Ansehung der eigenen Nachkommenschaft solche Gesichtspunkte
außer Acht lasse und nicht alle menschenmögliche Sorgfalt anwende. Seine
Nachkommen sollten daher, wenn sie sich selber und ihrer Nachkommenschaft
wohltun und seine Erinnerung bei sich gelten lassen wollten, vor allen Dingen darauf
sehen, daß sie in diesem Punkt nicht liederlich oder mit Übereilung und ohne
genügende Erkundigung nach allen Umständen, sondern mit gutem Wohlbedacht und
Rat vernünftiger guter Freunde so verfahren, daß sie sich nicht an Frauen "von solcher
extraction” hängen, die ihrer Familie einen Flecken anhängen, auch nicht an solche
von liederlichem Leben oder “vanitetischem Wesen” und vornehmlich auch nicht an
solche, die in solchem Überfluß und Luxus aufgezogen sind, daß sie dessen nicht
mehr entbehren können, und von denen also stetige Verschwendung zu befürchten
sei.
Vielmehr sollten seine Nachkommen Frauen wählen, deren Erziehung, Tugend,
Vernunft und gutes Gemüt bekannt ist und die auch von der "Race" und ihren Eltern
her eine gute Voraussetzung mitbringen, worauf besonders zu achten sei, weil von
Leuten "böser Race” fast nie etwas Gutes zu hoffen sei. Auch solle die Erwählte von
guter und gesunder Leibeskonstitution sein, wobei wiederum auch vornehmlich mit auf
die Eltern gesehen werden solle. Denn sie solle solche guten Anlagen und
Eigenschaften der Nachkommenschaft vererben können, nicht aber "allerhand
Infirmitäten oder auch wohl einen solchen verkehrten widrigen Sinn, der sie incapabel
mache, etwas Gutes in der Welt zu verrichten". Er wünscht allen seinen Nachkommen
von Herzen, daß es ihnen erspart bleiben möge, an sich oder den Ihrigen zu erfahren,
"was unzüchtige, luxuriöse und verschwenderische, törichte und böse Weiber" für
Unglück in ein Haus und denen, die mit ihnen behaftet sind,