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zu bringen pflegen. Wenn sie aber bei anderen solches sähen, sollten sie sich ein
abschreckendes Beispiel daran nehmen und Gott bitten, daß er sie und die Ihren davor
bewahren möge.
Schließlich warnt Andreas Gottlieb nachdrücklich davor, ohne gewichtige Gründe eine
Frau anderer Konfession zu heiraten. Wenn dies aber doch geschehe, sollten die
Kinder, vor allem die Söhne, nach dem 7. oder 8. Jahr nicht mehr bei ihr erzogen
werden.
Nicht weniger eingehend sind die Vorschriften, die Andreas Gottlieb in Art. 17 des
Fideikommissum Familiae für die Erziehung der Jugend der Familie, insbesondere der
Fideikommißfolger, gibt.
Für den Fall, daß ein Besitzer der Gartowischen Güter bei seinem Tode einen Erben
hinterließe, der noch minderjährig oder unter 25 Jahren wäre, soll nach Andreas
Gottliebs Anweisung ein Unterschied gemacht werden zwischen der Erziehung und
Vormundschaft dieser Fideikommißerben sowie der Verwaltung ihrer etwaigen
sonstigen Güter einerseits und der Verwaltung der zum Fideikommiß gehörenden
Güter andererseits. Die Erziehung könne den Müttern - wenn nicht gewichtige Gründe
etwas anderes fordern - oder nächsten Anverwandten überlassen werden, nicht aber
den nächsten Fideikommißfolgern. Die Vormundschaft dagegen solle denen
übertragen werden, die vom Vater dazu benannt oder von der Mutter und den
nächsten Anverwandten dafür vorgeschlagen wären. Dem Vormund solle dann jeweils
jemand aus der Familie, den diese zu wählen habe, an die Seite gestellt werden. Er
gestattet auch, daß die Vormundschaft in geeigneten Fällen mit von der Mutter geführt
wird, solange sie nicht wieder heiratet.
Mütter und Vormünder ermahnt er dann eindringlich, allen Fleiß und Sorgfalt dahin
anzuwenden, daß die ihrer Fürsorge anvertrauten Kinder und jungen Leute von ihrer
ersten Jugend an zu wahrer Gottesfurcht, zu Tugend und guten Sitten angeleitet
werden. Die Söhne sollten nach eines jeden Anlage und Geschicklichkeit zu den
Studien und guten Wissenschaften und später entsprechend ihrem Alter in
militärischen Übungen und solchen Dingen ausgebildet und erzogen werden, durch die
man sich geschickt machen kann, "dem Publico und der Welt zu dienen". Körperliche
Übungen könnten zur Ausbildung und Kräftigung des Leibes beitragen, dürften aber
nur als Nebensachen, nicht als Hauptzweck behandelt werden. Denn durch Tanzen
zum Beispiel lasse sich in der Welt nicht viel ausrichten. Und aus Fechten mehr zu
machen, als zur Verteidigung nötig ist, und "gladiatores und bretteurs zu agieren",
entspreche nicht dem Stande solcher Leute, wie er seinen Nachkommen zu sein
wünsche.
Die Söhne sollten nicht zu lange, und zwar nicht länger als etwa bis ins 12. Jahr, auf
dem Lande erzogen werden, damit sie "von denen daselbst stets um sich habenden
schlechten (d.i. schlichten) Leuten keine Mores agrestes an sich nehmen". Noch
weniger aber sei es ratsam, sie in der zarten Jugend an Örter zu senden, „allwo
Debauchen im schwange gehen und große Anleitung zu allerhand Unordnungen ist,
als in den Örtern, wo