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große Höfe sein und allwo die Jugend gleichsam in Debauchen aufwächst und gleich
von Anfang an zu denselben gebracht werden kann". Andreas Gottlieb empfiehlt
daher, Schulen und Gymnasien zu suchen, die nicht bei großen Höfen oder in großen
Städten sind und wo sowohl genaue Aufsicht und Disziplin besteht als auch die
Studien gehörig betrieben werden. Von Privatlehrern auf dem Lande hält er nach dem
12. Lebensjahr nichts, zumal wenn die Eltern die Fähigkeiten und Lehrmethoden
dieser Lehrer nicht selber prüfen und ständig beobachten können.
Er wünscht, daß alle Söhne, auch die, die sonst zum Studium etwa keine Lust oder
Begabung hätten, in ihrer Jugend die Arithmetik, etwas Geometrie und Mathematik, vor
allem aber Geschichte sowie lebende und übliche fremde Sprachen lernen und hierfür
ihre Zeit bis zu 17 oder 18 Jahren und bis zu dem Zeitpunkt fleißig anwenden, so sie
zum Kriege oder dem von ihnen erwählten Beruf alt genug sind, es sei denn, daß man
die Nachgeborenen früher als Pagen an gute Höfe geben könnte (was nicht zu
verabsäumen wäre), wo für solche jungen Leute Sorge getragen würde und sie ein
wohlreguliertes Leben führen könnten. Die Söhne der Familie sollten, wenn sie gleich
sich nicht große Wissenschaften erwerben könnten, doch wenigstens "nicht in einer
gänzlichen und solchen Rudität und Unwissenheit" aufwachsen, daß sie bei
zunehmenden Jahren wegen solcher Ignoranz und Ungeschicklichkeit außerstande
wären, zu einigen ehrenvollen Diensten zu gelangen oder ihrem Vaterland und Familie
zu etwas nütze zu sein.
In Sonderheit aber sollen nach Andreas Gottliebs Willen die Erstgeborenen und
künftigen Besitzer der Fideikommißgüter mit allem Ernst zu den Studien und dazu
angehalten werden, etwas Gutes zu lernen, da sie sonst dereinst sich und den Gütern
sehr schlecht dürften vorstehen können.
Andreas Gottlieb empfiehlt auch seinen Nachkommen, sich nicht zu jung auf Reisen in
fremde Länder zu begeben, auch nicht zu lange, d. h. nicht über ein Jahr oder
höchstens 1 1/2 Jahre dort zu bleiben, auch nicht zu viel Geld dafür anzulegen. Denn
die Jugend pflege, wenn sie so sehr früh, ehe sie sich noch recht zu beherrschen weiß,
und ohne gute Gesellschaft und Aufsicht an fremde Orte kommt, dort "mehr
debauchen und allerhand liederliches Wesen", als etwas Gutes zu lernen, so daß ihr
mit den an solchen Orten oft verbrauchten großen Summen weniger denn nichts
geholfen werde, sie vielmehr die dort so übel angewendete Zeit und ausgegebenen
großen Gelder ihr ganzes ferneres Leben hindurch zu bereuen habe.
Vor allem hofft Andreas Gottlieb, daß alle, die ihre Kinder oder Pflegebefohlenen
lieben, aufs äußerste beflissen sein würden, diese "von allen in der Welt leider täglich
und der Jugend so fatalen Debauchen abzuhalten, sonderlich aber denselben von ihrer
zarten Kindheit an einen Abscheu vor das Gesöffe, sonderlich Branntwein und ander
stark Getränk, dann auch den schändlichen Toback, es sei dieser zum Rauchen oder
Schnauben, als pestes vitae humanae” einzuimpfen, "obgleich in gewissen Fällen
selbe als medicamenta dienen können". Denn dadurch