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als Waisen ohne Mittel daständen, daraus versorgt und erzogen werden sollten, bis sie
an einem Hof oder sonstwo untergebracht werden könnten. Ferner sollten Knaben
oder junge Leute der Familie, die "von Gott mit solchen Ingeniis, Fleiß und Gemüth
begabet wären, daß was Gutes von ihnen zu hoffen", nach den Umständen des Falles
und nach Befinden des Seniors, des Inspectors familiae und der Besitzer der
Familiengüter ein Stipendium von 100 bis 400 Thalern jährlich auf 2 bis 4 Jahre
erhalten, wenn sie selber keine ausreichenden Mittel hätten und ihre Eltern,
Angehörigen und Vormünder auf Ehre und Gewissen offenbart haben würden, was sie,
die Eltern, aus ihrem oder der Kinder Vermögen für sie anwenden könnten.
Wenn bei einem Knaben, der gar keine Mittel hätte, "von Kindheit an ein munteres
Ingenium und ein gutes Gemüth gefunden würde", soll ihm von Anfang an etwas
gegeben werden können, bis man ihn weiter beurteilen und entscheiden kann, was
nach und nach auf Schulen, Gymnasium oder Universitäten an ihn gewendet werden
kann. Auch für den Kauf nötiger Bücher soll ihm etwas gegeben werden können, wobei
Andreas Gottlieb die Hoffnung ausspricht, daß die Agnaten und sonderlich die Besitzer
der Güter hier selber gerne ihre Hilfe leisten würden.
Die Reihenfolge der Berechtigten soll sich wie bei dem Beneficium femininum nach
den dort festgelegten Klassen richten. Er ermahnt aber seine Nachkommen und alle
Glieder der Familie aufs Ernsteste, daß diejenigen, die sich selber oder den Ihrigen
helfen können und also der Unterstützung nicht besonders bedürfen, oder aber die
nicht willens sind, ihre Studien mit rechtem Ernst zu betreiben, nicht denen vorgezogen
werden sollen, die ohne Hilfe nicht vorankommen können, aber vielleicht solche Gaben
haben, daß sie dadurch und den von ihnen anzuwendenden Fleiß etwas Rechtes in
der Welt erreichen können.
Diejenigen, sagt er, die wissen, was ein tüchtiger Mann für seine Familie Gutes
schaffen kann, werden sich ein Gewissen daraus machen, solche Hoffnung und
Gelegenheit der Ihrigen nicht um eines kleinlichen Interesses willen zu vereiteln,
sondern vielmehr den Nutzen dieser Stiftung gern und willig denen zukommen lassen,
von deren -Talenten, Fleiß und Gemüt man sich am meisten versprechen kann, und
die dann denen, die ihnen das Beneficium gegönnt, die Aufwendungen in vieler Weise
wieder ersetzen können.
Zu Reisen in fremde Länder, sonderlich nach Frankreich und Italien, etwas
anzuwenden, würde die Stiftung nach Andreas Gottliebs Meinung nicht ausreichen. Er
rät aber auch deswegen nicht dazu, weil nur sehr Wenige von den Reisen etwas
Rechtes profitieren könnten, und also die Kosten dafür im Allgemeinen schlecht
angewendet würden.
Er will aber unter allen Umständen bestmögliche Verwendung der Stipendien aus der
Stiftung sicherstellen. Daher bestimmt er, daß von den Empfängern von Leistungen
aus der Stiftung oder ihren Angehörigen Sicherheit dafür geleistet werden solle, daß
sie auf Anordnung des Seniors und des Inspectors familiae das empfangene Geld
innerhalb Jahresfrist ohne Abzug zurückzahlen würden, wenn sich wider Erwarten
ergeben sollte, daß sie das Stipendium schlecht anwendeten und entweder ein nicht
anständiges Leben führten oder nicht mit allem gehörigen Fleiß dem Studium oblägen,