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also nichts Rechtes lernten. Denn sie sollten keinesfalls glauben, daß es in ihrem
Belieben stehe, das Stipendium gut oder schlecht anzuwenden. Dem Senior und dem
Inspector familiae wird eingeschärft, hier in allen Fällen mit aller Strenge zu verfahren;
diese Pflicht soll erst 10 Jahre nach Abschluß der Studien des Stipendiaten enden.
Auch sollen hier nicht bloße Zeugnisse der Universitäten oder der in Anspruch
genommenen Ausbilder genügen; sondern entscheidend sollen allein die wirklich und
in der Tat sich zeigenden Früchte des Studiums sein. Wenn sich dagegen zeigen
würde, daß jemand, der das Stipendium genossen hat, dasselbe gut angewendet hat,
so soll ihm drei Jahre nach geendetem Studium als Anerkennung seines
Wohlverhaltens die Kaution zurückgewährt werden. - Es ist nicht recht ersichtlich, wie
sich Andreas Gottlieb die Stellung der Kaution vorstellt. Denn wer eine Kaution stellen
kann, der könnte ja auch die für die Kaution festgelegten Mittel statt dessen
unmittelbar für das Studium einsetzen und würde dann des Stipendiums nicht
bedürfen. Wer aber keinerlei Mittel hat und daher des Stipendiums besonders dringend
bedürfen würde, würde es nicht bekommen, weil er keine Kaution stellen kann.
Vielleicht dachte Andreas Gottlieb an eine Bürgschaft von Angehörigen oder an eine
Abtretung künftiger Erbansprüche.
Des weiteren bestimmt Andreas Gottlieb, daß, wenn die Mittel des Beneficiums
fernininum mangels bedürftiger Töchter nicht voll benötigt würden, also dort Plätze
vakant wären, dagegen viele Knaben vorhanden wären, die einer Hilfe zu ihren Studien
bedürften - oder auch umgekehrt - , das eine Beneficium dem anderen etwas zu Hilfe
kommen und von seinem etwaigen Überschuß bzw. den den vakanten Stellen
zustehenden Intraden dem anderen Beneficium zur Auffüllung des dort bestehenden
erhöhten Bedarfs etwas abgeben solle, zumal wenn voraussichtlich für längere Jahre
diese überschüssigen Mittel nicht gebraucht werden. Jedoch soll dabei alle gehörige
Abwägung angewendet werden; keinesfalls sollen beide Beneficien zusammengelegt
oder dasjenige, was dem einen Beneficiurn zusteht, ihm um des anderen willen
entzogen werden. Alle Entscheidungen in dieser Hinsicht sollen mit Übereinstimmung
der beiden Besitzer der Familiengüter (Andreas Gottlieb denkt offenbar an seine
beiden Enkel Andreas Gottlieb d.J. (Bild) und Johann Hartwig Ernst, denen Gartow
bzw. Wotersen/ Wedendorf zufallen sollten, s. S. 41) des Seniors und des Inspectors
familiae getroffen werden dürfen.
Es folgen dann Bestimmungen über die Verwaltung der Stiftung. Zuerst soll nach
seinem Tode diese Verwaltung durch seinen Neffen und Schwiegersohn Joachim
Engelke geführt werden und nach dessen Tode durch dessen Bruder, den Hofrat
(späteren Direktor der Justizkanzlei in Hannover) Andreas v. Bernstorff (Nr. 19), der
auch sowohl bei den Beneficien wie in allen anderen Fällen das Amt des Senior
familiae verwalten solle, obwohl sein Bruder, Major Volrad v. Bernstorff, an Jahren älter
sei. Später soll die Verwaltung dann geführt werden unter Aufsicht und Autorität der
beiden Besitzer der Güter und des Seniors familiae oder in dessen Abwesenheit und
Verhinderung des ihm in der Ordnung des Alters folgenden oder auch von der Familie
zu substituierenden Vetters.
Andreas Gottlieb ordnet an, daß der Senior familiae notieren soll, was jeweils bei den
Beneficien vorkommt, wo, wann und wem, und