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mit welchem Recht die einzelnen Plätze der Beneficien vergeben worden sind und zu
welcher Klasse die Beneficierten gehört haben, desgleichen wann die Plätze durch
Tod, Heirat oder dgl. frei geworden sind. Er soll auch notieren, aus welchen Gründen
eine Person einer anderen vorgezogen worden ist, wie in Ermangelung von
Bedürftigen die Intraden seiner Stiftungsanordnung gemäß verwendet worden sind,
welche Zweifelsfragen vorgekommen und wie sie gelöst worden sind.
Es folgen umfangreiche Bestimmungen über die Rechnungsführung, die Einziehung
der Intraden, die Prüfung der Belege, über Rücklagen und Kapitalvermehrungen, und
besonders ausführlich über alle 5 Jahre durchzuführende Visitationen.
Andreas Gottlieb schließt seine Stiftungsanordnungen mit der Hoffnung auf eine
Vermehrung der Stiftung durch seine Nachkommen. Er sagt, daß es ein sehr gutes
Werk wäre, wenn seine Nachkommen weitere Mittel sammeln oder auch wenn bei der
Stiftung sich weitere Kapitalien ansammeln würden, so daß man denen, die der
Beneficien bedürften, besser, oder auch mehr Beneficierten helfen könne. "Und
werden diejene, so Ihre Familie lieben, und bey der Posteritaet sich ein meritum
erwerben wollten, solches hoffentlich nicht verabsäumen.“ Auch würde es gut sein,
sagt er, in Gartow und Wotersen Hospitalien für Waisen, auch alte Bediente und
Untertanen, die sich wohlverhalten hätten und in ihrem Alter dessen bedürften, zu
stiften und mit den nötigen Intraden zu versehen, wie solches schon in Hundorf
vorhanden sei.
Er schließt mit der väterlichen Mahnung an "alle und jede meine Nachkommen und
Angehörigen, Mann- und weiblichen Geschlechts, solchem also ohne allen Mangel
treulich und gehorsamlich nachzugehen und sich desfals keine Mühe und Vorsorge
gereuen zu lassen, als wodurch Sie nicht allein Ihr selbst eigenes und unser Posterität
Bestes .... befördern, sondern auch Gottes des Allmächtigen reichen Segen auf sich
ziehen und mithin dessen, so Ich Ihnen hiermit von Grund meines Herzens an
wünsche, um so mehr genießen werden."
Es dürfte nicht sehr häufig in den Familien des Adels in jener Zeit eine so
umfangreiche, so sorgfältig durchdachte und ausführlich ausgearbeitete
Familienstiftung geben wie diejenige unseres Vorfahren Andreas Gottlieb. Welches
Familienbewußtsein, welcher Stolz auf "Namen und Familie, welche Sorge um die
Erhaltung der Familie auf der durch ihn begründeten Höhe, aber auch welches tief
sittlich und religiös begründete Verantwortungsbewußtsein, unter das er sich selbst
stellt und das er seinen Nachkommen auferlegt, spricht aus allen Bestimmungen
seiner Stiftung!
g. Andreas Gottliebs Persönlichkeit und Bedeutung.
Der dänische Historiker Aage Friis nennt Andreas Gottlieb den bedeutendsten
Staatsmann der braunschweig- lüneburgischen Länder aus der neueren Zeit. Er
schreibt über ihn:
"Das Urteil über Andreas Gottlieb Bernstorffs Politik lautet sehr verschieden, je
nachdem es von seinen Freunden und Anhängern oder von den bitteren Feinden
kommt, die er sich verschafft hatte. Aber alle Zeitgenossen sind einig über seine
großen Fähigkeiten und seine ungewöhnliche Tüchtigkeit.”