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laß beider Eltern auf 48.824 fl (Gulden) bewertet, wobei der Zehnte von Bobenhausen
„nebst den daselbst sich befindenden Gütern" mit 15.000 fl den größten Wert darstellt
neben Crumbach mit 10.000 fl, Rimhorn und dem Hof in Bensheim a.d. Bergstraße mit
je 3.000 fl sowie mancherlei anderen Gütern und Ansprüchen. Es ist die Rede von den
Lindenfelsischen Gütern zu Laudenau, Gumpen und Winterkasten.
Das Zusammenleben von Joachim Andreas und seiner Frau scheint in den letzten
Jahren durch Krankheit der Letzteren gestört gewesen zu sein. Bei den Akten befindet
sich ein Brief des Pfarrers Huber zu Crumbach vom 12.7.1709, also im Jahre vor dem
Tode von Joachim Andreas, mit Expreßboten an ihn gesandt, in dem der Pfarrer eine
sehr traurige Beschreibung von dem nervösen Zustand der bei ihm lebenden Frau
Agnes Maria macht und den Eheherrn auf das inständigste ersucht, schnellstens selbst
nach Crumbach zu kommen und mit ihm zu raten, damit nichts versäumt werde. "Ew.
Excellenz kommen gewiß und ohnfehlbar und lassen uns nicht allein unter der
schweren Last liegen, sondern helfen selbst raten, wie hierin am besten zu raten ist."
In dem späteren wegen des Testaments von Joachim Andreas entstandenen Prozeß
ist es von einem der Anwälte so dargestellt worden, als wenn zwischen den Eheleuten
wegen dieses Testaments ein schweres Zerwürfnis bestanden habe, und die nervöse
Erkrankung der Agnes Maria hierin ihren Grund gehabt habe. Für diese Annahme
finden sich aber sonst nicht die geringsten Anhaltspunkte.
Als Joachim Andreas sein Ende herannahen fühlte, verlautbarte er am 15.2.1710 vor
Notar und Zeugen seinen letzten Willen in Gestalt eines selbst geschriebenen
Testaments. Fünf Tage später, am 20.2.1710, starb er im 81. Lebensjahr.
Ein gutes Oelgemälde von ihm hing in Bernstorf, ist aber leider nicht gerettet worden.
Es zeigte ihn in langer Allonge Perücke und mit einem sehr fein gewirkten
Spitzenjabot. Sein Gesicht mit großer leicht gebogener Nase und schmalen Lippen
Lippen wirkte klar und beherrscht.
Das Testament von Joachim Andreas ließ Andreas Gottlieb alsbald nach dem Tode,
nämlich noch im März 1710, durch einen besonderen Boten aus Wetzlar abholen und
nach Hannover bringen. Es wurde hier am 31. März in seiner Wohnung in Gegenwart
von Andreas Gottlieb selber, seinem Schwiegersohn Joachim Engelke, der Tochter
des Erblassers, deren Tante mütterlicherseits Frau v. Stockheim geb. v. Haxthausen
und zwei Hofräten als Zeugen eröffnet.
Im Testament war für die Dauer der Minderjährigkeit der beiden Kinder die Witwe zur
Vormünderin bestellt. Jedoch sollte sie in allen wichtigen Geschäften an die
Zustimmung Andreas Gottliebs als Mitvormundes gebunden sein, ein weiterer Beweis
für das Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Vettern. Wegen des weit entfernten
Wohnsitzes von Andreas Gottlieb wurden zwei Wetzlarer Advokaten, die Räte Faber
und Münz, später Wagner, zu Gehilfen bei der Führung der Vormundschaft bestellt. Es
handelte sich dabei um eine umständliche Verwaltung des weit verstreut liegenden
Besitzes, und die vorhandenen Akten zeigen das Bild äußerst schwieriger
Verhältnisse, mit denen die Vormünder