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damals schon geborenen Söhne. Erst als letzter Agnat war berufen Hans Joachim
(1754-1782), ein Brudersohn von Joachim Engelke. Und ausgerechnet er meldet sich
mit fideikommissarischen Ansprüchen, und nicht einmal er allein, sondern, um die
Unverständlichkeit voll zu machen, gemeinsam mit seiner Schwester Sophie, der
späteren Frau v. Schardt in Weimar. Das verstehe, wer kann! Namens dieser beiden
trat Joachim Bechtold als ihr Vormund (aber sie waren doch schon 26 und 25 Jahre
alt!) mit Ansprüchen aus dem Testament des Reichskammergerichts Assessors
hervor.
Die braunschweigische Regierung in Blankenburg ließ den Nachlaß des Regierungs-
rats Karl Heinrich v. Bernstorff gleich nach dessen Tode versiegeln und beraumte
einen Termin an zur Anmeldung von Ansprüchen an den Nachlaß. In diesem Termin
meldete sich der Oberstleutnant v. Hille, vertreten durch den Hofrat Otto (der
Oberstleutnant stand z. Zt. mit braunschweigischen Truppen in Nordamerika im Kriege
gegen die Amerikaner) und die Frau Seniorin Brown geb. v. Hille in Person. Sie
legitimierten sich als nächste Erben von ihrer Mutter wegen, der einzigen Schwester
Karl Heinrichs.
Im März/April 1780 wurde auf Antrag Joachim Bechtolds die Inventur des Nachlasses
aufgenommen. Die darüber verfertigte Niederschrift vermittelt interessante Einblicke in
die Lebensgewohnheiten des Junggesellen Karl Heinrich, indem es dort heißt:
"Schließlich ist ratione der vorgefundenen Briefschaften zu vermerken, daß solche sehr
zerstreut im Sterbehause umherlagen und teils unter Büchern, unter Noten, gedruckten
Schriften, ja auch Wäsche und Kleidungsstücken, in und unter den Schränken, auch
auf der Erde befindlich waren, dergestalt, daß manche Schriften bereits von Mäusen
und anderem Ungeziefer benagt waren".
Die Einzelheiten der folgenden Verhandlungen mit den Hilleschen Geschwistern
ergeben sich aus den Akten nicht, die in Echzell erhalten geblieben sind, dem
Pretlackschen Besitz, der später durch Erbgang an die Familie von Harnier
übergegangen ist. Der von Joachim Bechtold vertretene Anspruch stellte sich dar als
Regreßanspruch gegen den Nachlaß Karl Heinrichs als Erben seines Vaters wegen
des von diesem vollzogenen Verkaufs der Odenwald-Güter.
Die Geschwister Hille müssen diese ihren Erbansprüchen drohende Gefahr für recht
erheblich gehalten haben. Denn sie schlossen am 3.8.1781 mit den beiden
Bernstorffschen Prätendenten in Braunschweig einen Vertrag, durch den sie alle ihre
Ansprüche an den Nachlaß für eine einmalige Zahlung von 2500 RthIrn an diese
verkauften gegen deren ausdrücklichen Verzicht auf jegliche Regreßansprüche aus
dem Testament des Reichskammergerichts-Assessors. Der Wert des Nachlasses an
barem Geld, Wertpapieren und Erlös aus auf Auktion verkauften Gegenständen betrug
nach gerichtlichem Inventar annähernd 10.000 Thaler. Die Hilleschen Geschwister
haben sich also mit einer verhältnismäßig sehr geringen Abfindung begnügt. Unter
dem 15.2.1782 bescheinigt der Bevollmächtigte der Bernstorffschen Prätendenten,
Advokat Oppermann, den Empfang aller im Nachlaß Karl Heinrichs vorgefundenen
Kapitalien, Wertgegenstände und Akten.