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Andreas und Andreas Gottlieb werden sicherlich über diese Dinge miteinander
gesprochen haben. Daß man sich damals für die Herkunft der Familie interessierte,
wird ja dadurch bestätigt, daß "curieuse" Verwandte versucht haben, in Böhmen
etwas herauszubekommen.
Die Gerüchte über unsere Herkunft aus Bayern, Österreich oder auch Böhmen waren
also damals bekannt. Aber mehr als Gerüchte waren es nicht. Worauf die Ansicht
Joachims d.J. beruhte, wissen wir nicht, insbesondere nicht, ob damals eine durch die
Generationenfolge hin weitergegebene Familientradition bestand. Immerhin war die
Familie zur Zeit Joachims d.J. schon etwa 400 Jahre in Mecklenburg, ein Zeitraum,
der ungefähr dem Abstand Joachims d.J. zu uns entspricht. Eine mündliche
Überlieferung über so lange Zeit hin ist nicht sehr wahrscheinlich.
Für die Stammeseinheit unserer Familie mit den österreichischen und bayrischen
Pernstorffs spricht eigentlich nur die Namensähnlichkeit, die man als Namens-
gleichheit bezeichnen kann, weil die Abweichung zwischen B und P möglicherweise
nur mundartlich bedingt ist. Diese Namensübereinstimmung reicht aber allein nicht
aus, um Stammeseinheit zu beweisen. Schließlich gibt es auch heute nichtadelige
Familien Bernstorf(f) und Bernsdorf(f), die nichts mit unserer Familie zu tun haben
und deren Name vielleicht zu einem der mehreren Orte dieses Namens in Beziehung
steht.
Irgendwelche sonstigen Hinweise auf Stammeseinheit gibt es nicht. lm Gegenteil
spricht die Verschiedenheit des Wappens eher dagegen, wenngleich in so früher Zeit,
wenn man Karl v. Sava in seiner erwähnten Schrift folgt, die Familienwappen noch
nicht so verfestigt waren wie später (auch die Pernstorffs führten nicht immer das
gleiche Wappen).
Auch die in beiden Familien im 14. Jahrhundert geführten Vornamen lassen keine
Gemeinsamkeit erkennen. Denn während bei unseren mecklenburgischen Vorfahren
damals vor allem die Vornamen Johann (3 mal), Gottschalk (2 mal) und Werner (2
mal) vorkommen, führen die Pernstorffs laut Karl v. Sava in damaliger Zeit bis auf
Johann (Hans), der auch bei ihnen vorkommt, vollkommen andere uns fremde
Namen, am häufigsten die Namen Heinrich und Friedrich. In unserer Familie können
wir aber von Beginn der Stammreihe zu Anfang des 15. Jahrhunderts an immer die
gleichen Vornamen Hermann, Joachim, Johann und Andreas verfolgen.
Wie verhält sich nun zu diesem Sachverhalt der Umstand, daß im Freiherren-Diplom
die Stammeseinheit der beiden Familien als eine selbstver- ständliche Tatsache
angesehen wird? M.E. kann man diese Unterstellung nur aus der damaligen Zeit
heraus verstehen, in der zu größerem Ruhm bedeutender Männer ihnen die
abenteuerlichsten Abstammungen angedichtet wurden. Auch Andreas Gottlieb d.Ä.
hat die Unterstellung dieser Abstammung offenbar als eine freundliche Geste
angesehen und hat sie nicht ernst genommen, wenn auch vielleicht nicht als
unbedingt falsch angesehen.
So ist auch in den folgenden Generationen die Möglichkeit dieser Herkunft zwar als
eine Möglichkeit, aber nicht als eine der Familiengeschichte zugrunde zu legende
Tatsache oder auch nur Wahrscheinlichkeit angesehen worden. In einer Niederschrift
aus der Zeit Andreas Gottliebs d.J., des Enkels von Andreas Gottlieb d.Ä., heißt es
übereinstimmend mit den Aufzeichnungen des Großvaters, unsere Familie sei zwar