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19. Andreas. 1688-1757.
Der einzige der 5 Söhne Joachim Ernsts aus der 2. Ehe, der heiratete und, wenn auch
nur für eine Generation, den Stamm fortsetzte, war Andreas. Dieser Stiefbruder
Joachim Engelkes war am 1.11.1688 in Rüting geboren. Seine Mutter verlor er mit 12
Jahren, und als auch sein Vater starb, war er erst 17. Vielleicht wurde der Haushalt in
Rüting jetzt aufgelöst. Der um 11 Jahre ältere Stiefbruder Joachim Engelke, an den als
den ältesten Sohn Rüting fiel, heiratete wenige Monate nach dem Tod des Vaters. Er
wird es gewesen sein, der Andreas in diesem Jahr nach Lüneburg brachte, wo er
"immatrikuliert" wurde, was wohl heißen soll, daß er dort auf das alte Gymnasium
Johanneum kam. 1709 studierte er dann an der Universität Helmstedt als dritter
unserer Familie nach Joachim Andreas und Andreas Gottlieb d.Ä. Nach beendigtem
Studium trat er in hannöversche Dienste und wurde 1719 Hofkanzleirat der
Justizdirektion in Celle, d. h. Richter am damals noch als Verwaltungsbehörde
geführten Gericht. 1733 wurde er Vizekanzleidirektor und 1749 zum Kanzleidirektor der
Justizkanzlei in Hannover bestellt.
Am 4.8.1749 vermählte er sich, immerhin schon 60 Jahre alt, in Hannover mit Charlotte
v. Holle, der Tochter des Hofkanzleirats Harbord v. Holle und der Luise v. Pritzbuer.
Aus der Ehe gingen mehrere Kinder hervor, von denen beim Tode der Eltern noch ein
Sohn und zwei Töchter lebten. Wir kennen aber nur die Namen des Sohnes und der
einen Tochter, nämlich
a) Hans Joachim Karl (Nr. 20) und
b) Sophie Eleonore Friederike, geb. Hannover 23.11.1755.
Andreas starb im Jahre 1757. Sein Neffe Andreas Gottlieb d.J. schreibt aus diesem
Anlaß: „Am 26. November 1757 habe ich einen meiner aufrichtigsten Freunde an dem
Canzlei-Director Andreas von Bernstorff, meines sel. Vaters Halbbruder verloren, wel-
cher, nachdem er lange gelitten, im 70sten Jahr gestorben und sein langes Lager mit
großer Geduld und christlicher Vorbereitung ertragen. Er war unzeitig genereux,
überhaupt ein schlechter Haushalter, hat also Schulden hinterlassen, sonst aber ein
vortrefflicher Mann! Sehr gelehrt, sehr arbeitsam, äußerst desinteressiert (d.h.
uneigennützig), ohne Menschenfurcht hat er sein Amt redlich und ruhmwürdig
verwaltet, und weil er zugleich sehr viel Scharfsinnigkeit besaß, so fand er im officio
wenig Seinesgleichen. In Gesellschaft war er sehr angenehm und hatte prompte
repartieen. Die Jagd war sein einziges Vergnügen in den Nebenstunden und passirte
er vor den besten Schützen im Lande. Schon viele Jahre vor seinem Ende applicirte er
sich vorzüglich auf Lesung geistlicher und moralischer Bücher und kam dadurch immer
weiter im thätigen Christenthum. - Er verheiratete sich erst im Sommer 1749 mit
Charlotte von Holle, einer weder sehr jungen noch hübschen, allein so christlichen,
vernünftigen, häuslichen Person, die ihn so geliebt und unverdrossen gepflegt hat, daß
er höchst vergnügt und glücklich mit ihr gelebt hat und
seien aus dieser Ehe
verschiedene Kinder entsprossen, davon ein Sohn und zwei Töchter noch leben, vor
welche Gott und die Verwandschaft sorgen wird."